Blood Command – World Domination
Der Einstieg von Nikki Brumen erwies sich für Blood Command als Glücksfall. Mit einer neuen Stimme und frischem Kreativ-Wind verlieh sie dem eigentlich bereits fertigen „Praise Armageddonism“ das gewisse Etwas. Dieses Mal war sie von Anfang an dabei und drückt dem ohnehin eigenwilligen Death-Pop der Nordlichter ihren eigenen Stempel auf. Und das ist nicht zu überhören, denn musikalisch wagt man sogar noch mehr. „World Domination“ ist wütender und poppiger zugleich, durchaus technoid und nie um einen völlig überdrehten Spagat verlegen. Zwischen Ungerechtigkeit, unerwiderter Liebe, finsteren Abgründen und dem unbedingten Willen, niemals aufzugeben, wartet starker Tobak.
Bereits die Tracklist zeigt strahlt Kompromisslosigkeit aus: 20 Songs in knapp 37 Minuten, das ist ganz schön viel Holz. Nach einem ausgedehnten Intro geht „The Band With Three Stripes“ sogleich in die Vollen, schlägt in bester Hardcore-Punk-Manier um sich. Brumens heisere Screams, die Gang-Shouts im Hauptteil, dazu ein poppiger Einschub mit klassischem Rocksolo – drei Minuten für die Ewigkeit. Zahlreiche kurze, knackige Tracks, die es kaum mal über 60 Sekunden schaffen, drehen am Rad. Episoden wie „Reap What You Sow“ nähern sich Grindcore-Verhältnissen an, während „Welcome To The Next Level Above Human“ Industrial und Happy Hardcore verbindet. Geht’s noch?
Zum Ende hin setzt es gleich drei ruhige, semi-balladeske Nummern hintereinander, die selbst für Death-Pop-Verhältnisse zart ausfallen. Das halb-akustische „Losing Faith“ geht mit seiner Schönheit unter die Haut, in „Tetragram“ macht sich sogar etwas Lagerfeuer-Atmosphäre breit, während „Decades“ mit zurückgelehnten Beats und 80s-Fanfaren-Synthies überrascht. „The Plague On Both Your Houses“ fährt hingegen mit dem nackten Arsch ins Gesicht und schraubt den Härtegrad nach oben. Zwischen Hardcore-Punk-Ballerburg und mächtigen Klangwällen lassen Blood Command beide Welten erfolgreich verschmelzen.
Wie hier musikalische Extreme kultiviert und auf den Punkt gebracht werden, fasziniert durchaus. „World Domination“ zerfetzt letzte Scheuklappen und lässt aus bewusster Überzeugung keinen Stein auf dem anderen. Harte, extreme Momente werden komplett überspitzt vorgetragen, zudem halten noch ruhigere, nachdenkliche Passagen Einzug. Selbst für lupenreine Balladen, Techno-Beats und synthetisch-käsige Streifzüge bleibt Platz. So geht zwar gelegentlich der sprichwörtliche rote Faden gerne mal stiften, doch finden Blood Command stets ihre innere Mitte des Wahnsinns. Komplette Überforderung, nicht immer einfach, doch immer lohnenswert: So tödlich war Pop schon lange nicht mehr.
Wertung: 4/5
Erhältlich ab: 29.09.2023
Erhältlich über: Hassle Records (Cargo Records)
Website: bloodcommand.net
Facebook: www.facebook.com/Bloodcommand