Spanish Love Songs – No Joy

Spanish Love Songs
(c) Hannah Hall

Es ist Zeit für Veränderung: Auf „Brave Faces Everyone“ konsolidierten sich Spanish Love Songs auf hohem Niveau. Nun soll ihr Sound eine verdiente Frischzellenkur erhalten. Emo und Indie bleiben zentrale Bausteine, punkige Ausreißer rücken nun allerdings in den Hintergrund und werden durch Wave sowie Alternative ersetzt. Bedeutungsschwangere Schwere und ein etwas anderer Ansatz, um die eigene Emotionalität kathartisch umzuwandeln, begleiten „No Joy“, das laut Frontmann Dylan Slocum den eigenen musikalischen Vorstellungen näher denn je kommt.

Das aufwühlende „Pendulum“ lebt den neuen, alten Ansatz gekonnt vor. Slocums Gesang fällt so verzweifelt und gefühlvoll wie immer aus, bloß fehlt der Instrumentierung ringsum das Tempo. Dichte Texturen nehmen stattdessen das Heft in die Hand, was wunderbar passt. 80s-Wave-Rock, mächtige Alternative- und sogar verhaltene Gaze-Wände schwingen mit. Das folgende „Haunted“ geht zwar vergleichsweise flott nach vorne und lässt sogar dezente Indie-Punk-Reste erkennen, konzentriert sich letztlich jedoch vor allem auf die ideale Gesangsmelodie, die speziell im schillernden wie schwerfälligen Refrain prima durchkommt.

Im abschließenden „Re-Emerging Signs Of The Apocalypse“ versuchen Spanish Love Songs derlei Ideen ins Langformat zu konvertieren. Auch das funktioniert prima, denn diese fünfeinhalb Minuten bleiben im Ohr. Das leichte Anschwellen der Gitarren, der pulsierende Basslauf, die virtuosen und doch songdienlichen Drums – gemeinsam mit dezentem Pop-Twang funktioniert das prima. „I’m Gonna Miss Everything“ taucht hingegen nur langsam aus der Stille auf, wagt sich zaghaft, aber bestimmt voran. Das hat beinahe Post-Rock-Züge, was Spanish Love Songs erstaunlich gut zu Gesicht steht.

Mit etwas logischer Weiterentwicklung und noch mehr Tiefgang machen Spanish Love Songs alles richtig. Nach dem anfänglichen Kulturschock ob deutlich zurückgeschraubter Punk-Anteile setzt sich letztlich der hohe Unterhaltungswert. Jede Silbe auf „No Joy“ geht direkt ans Herz, fühlt sich ehrlich, drastisch, aufwühlend, zerstörerisch an. Das Herz darf ebenfalls auf die Goldwaage wandern, während die deutlich dichteren, intensiveren Arrangements nicht weniger mitreißen. Dieses kleine, aber feine Spiel mit den Stellschrauben könnte eine neue Zeitrechnung für das US-Quintett anbrechen lassen – ein spannendes Album voller angenehmer Überraschungen.

Wertung: 4/5

Erhältlich ab: 25.08.2023
Erhältlich über: Pure Noise Records (Membran)

Website: spanishlovesongs.com
Facebook: www.facebook.com/SpanishLoveSongs