Velcros – Spit Takes
Ein Konzert der texanischen Punker Radioactivity in Leipzig legte den Grundstein für eine spannende neue Band. Aktuelle und ehemalige Musiker von Aua, Radare, Spit, Wayste und Okta Logue riefen unter diesem Eindruck Velcros ins Leben, die punkigen Esprit mit allerlei Rock-Spielarten – Garage, Indie, Alternative, College und Power Pop – kreuzten und daraus ein musikalisches Happening klöppelten. Noch im Winter soll ein erstes Album erscheinen, bis dahin verkürzt die EP „Spit Takes“ die Wartezeit mit einem kräftigen Ausrufezeichen.
„Secret State“ als Opener bringt den Sound des Trios in gut 120 Sekunden auf den Punkt. Drückende Drums, stoischer Bass, schrammelnde Gitarren und heller, zugleich eindringlicher Gesang erinnern an einfachere Rock-Zeiten, ohne dabei jedoch auf Eingängigkeit und Melodie zu verzichten. Binnen kürzester Zeit ist der Track im Ohr und geht nicht mehr weg – es kann manchmal so einfach sein. Der vorwitzige Bounce von „Metal Shaped Like Me“ kreuzt Verspieltheit mit Gravitas. Anstatt den nächsten Über-Refrain zu konstruieren, spielen Velcros mit den Möglichkeiten der Songstruktur, von etwas Schwere im Harmoniebedürfnis geprägt.
Für „Bad Device“ nehmen sie das Tempo etwas raus und rücken stattdessen spannende Wucht an vorderste Front. Hingegen tankt sich die Lead-Gitarre durch kauzigen 70s-(Proto-)Punk, was überraschend gut funktioniert. „Misery Surf“ besingt Kalifornien, trifft die Welle, lässt aber zugleich einen doppelten Boden erkennen. Dieser ganz eigene Surf-Rock-Take zieht sein eigenes Ding durch und macht Laune. Abschließend fühlt sich „Astronomical“ in verschiedene Richtungen gezogen. Gitarrenduelle, hibbelige Keys im Hintergrund, geradezu psychedelisches Pop-Appeal in der ersten Hälfte – eine wilde, lohnende Angelegenheit.
Mehr als vertraut und doch komplett eigen, dieses Kunststück meistern Velcros mit Leichtigkeit. Ihre erste EP ist zwar nach etwas über zwölf Minuten schon wieder Geschichte, das Niveau bleibt dafür konstant hoch. Pop- und Rock-Sensibilitäten der 60er und 70er treffen auf Früh-Punk, der wiederum in Richtung Indie- und Power-Pop-Ursuppe schielt – eine hochgradig spannende, krude, zugleich sympathische und eingängige Mischung. Jeder der fünf Tracks auf „Spit Takes“ ist ein Volltreffer mit den Qualitäten eines Lövely-Releases. Die Erwartungen an das erste Album schießen in die Höhe.
Wertung: 4/5
Erhältlich ab: 28.07.2023
Erhältlich über: Crazysane Records