M. Byrd – The Seed

M. Byrd
(c) Miriam Marlene

Insgesamt mehr als elf Millionen Streams alleine auf Spotify mit den ersten beiden Singles: M. Byrd rannte ab Herbst 2020 offene Türen ein. Sein leichtfüßiger und doch mitreißender Indie-, Pop- und Singer/Songwriter-Ansatz, der feinsinnige Arrangements mit gerne mal ernsteren Beobachtungen kreuzt, fasziniert und reißt mit. Die Tracks für das erste Album wurden unter anderem unter dem Eindruck des damals beginnenden Ukraine-Kriegs geschrieben, von Freunden und Familie, die über die ganze Welt verteilt leben, von drastischer Symbolik und persönlichen Verlusten beeinflusst. „The Seed“ pflanzt sich in das Herz des songschreibenden Seelenlebens.

Der Spagat zwischen Text und Musik fällt in „Only A Feeling“ besonders groß aus. Byrd wollte eine Panikattacke vertonen, wobei die melodischen Texturen durchaus eine gewisse Freundlichkeit in sich tragen, darüber hinwegtäuschen. Die hibbeligen Drums simulieren hingegen hektische Kurzatmigkeit, sogar eine kleine hoffnungsvolle Zäsur kommt durch. „Wish I Was“ befasst sich mit dem Freitod eines Freundes und geht mit Sicherheit als emotionaler Höhepunkt durch. Die ansonsten so reichhaltige, schillernde Instrumentierung wird vergleichsweise stark reduziert, dezente Americana-Vibes schimmern durch, man fühlt sich abgeholt und mitgenommen.

Hingegen wählt „Gunslinger“ die Muster eines Spaghetti-Western und philosophiert über junge Leute, die sich via Anmeldung bei der Botschaft binnen Tagen im Kriegsgebiet befinden können. Die eindringliche Gitarre im Schlussakt fährt durch Mark und Bein. Hingegen pflanzt der eröffnende Quasi-Titelsong „Seed“ einen Samen der Schönheit, wunderschön arrangiert und geradezu schillernd, kunterbunt und mitreißend. M. Byrd erschafft eine bunte, intensive Welt, nur um nach zwei Minuten schon wieder abzubauen. Dass danach mit „Flood“ ein besonders flotter, leidenschaftlicher und zugleich poppiger Track folgt, passt im besten Sinne ins Bild.

Letztlich geht „The Seed“ viel zu schnell vorüber, nachdem es zuvor Begeisterung in Reinkultur ausgelöst hat. Nach den starken ersten Singles bestätigt M. Byrd seine Qualitäten mehr als nur souverän, wagt Neues und schreibt zugleich noch packendere, noch intensivere Melodien. Neun bezaubernde, höchst vielschichtige Tracks wagen viel und gewinnen alles, bringen beklemmenden Ernst neben packende Pop-Weisheiten mit Ecken und Kanten, zelebrieren zugleich große Singer- und Songwriter-Traditionen. Volltreffer: mehr als nur gelungen.

Wertung: 4/5

Erhältlich ab: 16.06.2023
Erhältlich über: Nettwerk (Bertus)

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