Lorenz Ambeek – Look At Me Now
Gleich seine erste, vor knapp zwei Jahren veröffentlichte Single knackte die Eine-Million-Streams-Marke. Der gebürtige Salzburger Lorenz Ambeek, mittlerweile zwischen Wien und Amsterdam pendelnd, landete mit „The Weatherman“ einen Volltreffer und gilt seither als neue heiße Indie- und Singer/Songwriter-Aktie. Seine bisherigen Releases erreichten verdientes Airplay, nun versucht er es erstmals auf Albumlänge. Das in Eigenregie veröffentlichte „Look At Me Now“ hört sich wie eine Coming-of-Age-Platte mit Benedict Wells-Charme, musikalisch in Songwriter-Gitarrenmucke der 2010er Jahre verhaftet.
Das schmissige und zugleich charmant entstellte „Linoleum“ macht den Anfang. Ambeeks angenehme Stimme trägt das kauzige, zunächst mit Power-Pop anbandelnde Arrangement. Hier steckt ganz viel Spät-80er-Proto-Indie-Liebe drin, aber auch eine an frühe MGMT erinnernde Synthie-Melodie. Und die Vocals wirken tiefenentspannt in bester Singer/Songwriter-Manier. Eigentlich passt das nicht zusammen, macht aber ordentlich Laune. „MacGyver“ scheint ebenso etwas neben der Spur, hängt den Drums in manchen Passagen hinterher, doch trägt gerade das zur intimen, einfühlsamen Stimmung des Tracks bei.
In „Therapist“ befindet sich das Arrangement fast durchgehend in Aufbruchstimmung, wie der Soundtrack zu einem Film, der auf den großen Moment der zentralen Figur hinarbeitet. Wenn es schließlich in der Schlussminute etwas lauter wird, stellt sich ein dicker Grinser ein. Hingegen fällt „Alienated“ erst einmal mit der drückenden Tür ins Haus, doch steckt hinter der anfänglich wuchtigen Lautstärke ganz viel Gefühl. Massig Singer/Songwriter-Charme – der Vergleich mit Elliott Smith kommt nicht von ungefähr – tänzelt durch die Szenerie. Im abschließenden Titelsong holt die minimalistische und doch voluminöse Instrumentierung für einen weiteren kleinen Höhepunkt aus.
Schade ist eigentlich nur, dass nach einer halben Stunde schon wieder Schluss ist, so schnell fühlt man sich in Lorenz Ambeeks musikalischer Welt pudelwohl. Charmantes Storytelling trifft auf eine angenehm vielschichtige Platte, die viel versucht und dabei in sich stimmig bleibt. „Look At Me Now“ entpuppt sich als kleine, aber überaus feine Schmuckschatulle voller Perlen und Rohdiamanten, die sich durch verschiedenste Indie- und Singer/Songwriter-Ansätze tanken, trotzdem einem roten Faden folgen und noch dazu ohne den Hauch von Verschnitt im Ohr bleibt. Lorenz Ambeek zeigt sich auch auf Albumlänge verdammt stark und löst erste Versprechen mehr als gekonnt ein.
Wertung: 4/5
Erhältlich ab: 23.06.2023
Erhältlich über: Eigenvertrieb
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