The Heavy – AMEN
Eigentlich waren The Heavy schon Ende 2019 nach der Tour zu „Sons“ bereit, wieder ins Studio zu gehen, hatten ihr sechstes Album geschrieben und im Februar 2020 sogar Demos aufgenommen. Aufgrund globaler Umstände, geographischer Trennung (Sänger Kelvin Swaby lebt in den USA, der Rest der Band in Großbritannien), nicht zu verachtendem Aufwand (darunter ein kompletter Gospel-Chor) sowie der Hoffnung auf entsprechende Tour-Aktivitäten verzögerte sich der Release mehr und mehr. Die Soul-, Blues- und Rock-Hitmaschinen, ohne die kaum ein Film, eine Serie oder ein Videospiel der letzten Jahre vorstellbar wäre, melden sich endlich zurück und liefern mit „AMEN“ ein gewohnt fieberhaftes Spektakel ab.
Im eröffnenden „Hurricane Coming“ ist der Name Programm, sogar die passende Überschrift für die gesammte Platte. Swaby singt sich die Seele aus dem Leib, so fieberhaft wie eh und je, während rundherum Blechbläser, Chöre, Rock aus der Garage, Soul und Blues die Stimmung gen Siedepunkt treiben. Binnen Sekunden gehen die hibbeligen dreieinhalb Minuten ins Ohr und bleiben dort. Ähnlich druckvoll gibt sich „Stone Cold Killer“, sogar noch eine Spur rockiger und frontaler. Klassische Töne, furiose Energie und beste Laune geben sich die Klinke in die Hand. Die Zeitreise unterhält, das Riff könnte kaum ikonischer ausfallen.
Letztlich ist das nur eine von vielen Facetten von The Heavy. „Without A Woman“ verbreitet pure Soul- und RnB-Magie in gemächlichen Gefilden, ist eine der schönsten Nummern der gesamten Platte. „I Feel The Love“ geht es hingegen deutlich schneller und funkiger an, zaubert ein fettes Lächeln auf die Lippen und legt zugleich die eine oder andere kesse Sohle aufs sprichwörtliche Parkett. In „Bad Mutafucker“ tropft der Schweiß von der Decke, verwegen und drückend umgesetzt, voller Energie und Leidenschaft. Die Band wird immer lauter, Chor und Bläser drehen am Rad, alles ist eitel. Schließlich führt „Just Like Summer“ in die brütend heiße Stadt, und auch die sozial-bewussten Lyrics schlagen in die passende Kerbe.
Große Überraschungen bleiben aus, werden aber auch überbewertet. Längst haben The Heavy ihren Sound gefunden und reizen diesen noch weiter aus, gehen mehr denn je in die Tiefe, finden neue Facetten und spannende bis spektakuläre Ansätze. Soul, Blues und Rock bleiben auch auf „AMEN“ die zentralen Zutaten und sind letztlich doch nur ungefähre Ansätze für die eigenwillige, zugleich hochgradig charmante Vielfalt des neuen Werks. Fieberhafte Hymnen, bewegende Einschübe, drückende Rocker und feinsinnige Tanznummern mit grandiosen Vocals und viel Herz fügen dem grandiosen Katalog von The Heavy ein weiteres fantastisches Kapitel hinzu.
Wertung: 4,5/5
Erhältlich ab: 21.04.2023
Erhältlich über: Bad Son Recordings (Rough Trade)
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