Perlee – Speaking From Other Rooms

Perlee
(c) Mattia Stellacci und Lena Hansen

Distanzen spielen eine nicht zu verachtende Rolle im Kreativprozess sowie im Privatleben von Perlee. Das 2018 von Irland nach Berlin gezogene Paar Saramai Leech und Cormac O’Keeffe spielte Gigs in der Hauptstadt und hatte ein kleines Studio direkt um die Ecke. In den letzten Jahren an ihr Apartment gebunden und sich somit auf den Schreibprozess konzentrierend, nahm man mehr und mehr Ideen aus der gemeinsamen Isolation mit in die weite Welt, während Drummer Matt Ingram seine Parts in London einspielte. Zwischen Räumlichkeit und räumlicher Trennung, gepaart mit Abhandlungen über Liebe, Schicksal und Selbstverwirklichungen, entstand „Speaking From Other Rooms“.

Das Duo spielten aber nicht nur mit Räumen und Distanzen, sondern auch mit musikalischen Grenzen. Post Rock und Slowcore treffen auf Indie-Chic mit poppiger Note und Melancholie. In „Lampshades“ bringen Perlee dies wunderbar auf den Punkt, denn diese gut drei Minuten fließen herrlich mit dichten Melodieteppichen, mit erstaunlicher Leichtigkeit, nehmen zugleich jedoch komplett ein und lassen kaum Luft. Hingegen tritt die entstellte E-Gitarre in „Reckoning“ bereits zu Beginn auf, von Leechs butterweichen Vocals begleitet. Der Track lässt sich treiben, blüht in der zweiten Hälfte so richtig auf und umarmt die Welt. Dennoch lässt sich eine gewisse Schwerfälligkeit nicht von der Hand weisen.

Zwischen diesen beiden Perlen lauert mit „Pomegranate“ der längste Song der Platte. In stolzen sieben Minuten übernehmen Post Rock und Slowcore das Geschehen, Vergleiche mit Mogwai und Low kommen nicht von ungefähr. Butterweiche Texturen, schier endlose Schleifen und ätherischer Gesang bauen spannungsgeladene Welten auf. Hingegen entlädt sich „The Wave“ am Ende in bester Post-Rock-Manier mit lautmalerischer Explosivität, mit donnernden Drumsalven, mit Verzerrung ohne Ende. Im zurückgenommenen, ebenfalls etwas längeren „Lived Out Moons“ tauchen hingegen Dream-Pop- und TripHop-Elemente auf, die sich harmonisch in das angenehm eigenwillige Klangkonstrukt einbetten.

Feinfühlige Reisen durch Raum und Zeit begleiten den angenehmen Mikrokosmos von Perlee. Wunderbare musikalische Vielfalt sowie eine schlicht und ergreifend bequeme Atmosphäre begleiten das Schaffen des Duos. „Speaking From Other Rooms“ konzentriert sich zwar vor allem auf Post, Indie und Slowcore, öffnet sich aber zugleich für allerlei melancholische bis poppige Spielarten. Richtig feine Melodien sowie spektakuläre Aufbauten mit dem einen oder anderen Crescendo für die Ewigkeit gehen direkt ins Herz – eine magische Platte voller Schönheit, von der man nicht so schnell ablassen kann. Geschweige denn möchte.

Wertung: 4/5

Erhältlich ab: 21.04.2023
Erhältlich über: Backseat (Membran)

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