Dasein – Dasein
Den positiven und negativen Aspekten von menschlichen Beziehungen und Verhaltensweisen gilt das Hauptaugenmerk von Dasein. Hinter diesem ominösen Bandnamen stecken sechs Schweizer*innen, unter anderem aus Teilen der Band von Gjon’s Tears (Platz 3 beim Eurovision Song Contest 2021) bestehend. Von dessen Sound entfernt man sich aber betont und vermischt Dream-Pop mit Post Rock, wobei selbst diese Genres bestenfalls als ungefähre Orientierungshilfe dienen. Das erste Album heißt – wie die Band – „Dasein“ und erforscht existenzielle sowie intime Themen mit einem ähnlich vielschichtigen Sound.
Das eröffnende „Darkness Of Dreams“ gibt im besten Sinne das Tempo vor und sucht nach dem goldenen Mittelweg aller Emotionalität. So schüchtern der Aufbau erfolgt, so intensiv gestaltet sich der Track. Sara Rens Stimme vermag eine beachtliche Palette an Emotionen auszudrücken, der kantige Chorus geht unter die Haut und überrascht mit drückender, geradezu bratender Heavyness. Einzelne Schreie intensiven das Geschehen. „Turtle“, die zweite Single, fällt hingegen komplett anders aus, vermischt Dream-Pop mit Folk und dichten stimmlichen Texturen. Die Möwe, die in die Schildkröte kracht, bringt eine gewisse Komik mit sich.
Als Herzstück in jeglicher Hinsicht geht jedoch „Inner Child“ durch, nicht zuletzt ob der stattlichen Spielzeit von über acht Minuten. Hier toben sich Dasein aus und rufen sämtliche musikalischen Mittel ab. Große Post-Rock-Kunst, wütende Schreie und feinsinnige, zugleich beklemmende Melodik geben den Ton an. Die schroffe zweite Hälfte taucht sogar in metallische Gefilde ab, so heavy wie kantig, ein Statement des ungeschliffenen Charmes. Tatsächlich funktioniert dieser fatalistische Ausritt prima, gerade im Kontrast zum verträumt-poppigen „Love Trash“, dessen Leichtfüßigkeit nebst markantem Basslauf ebenso wenig aus dem Ohr gehen will, bloß auf andere Weise.
Ungewöhnlich, aber vielleicht gerade deswegen gut: Bei Dasein prallen Welten aufeinander, die man eigentlich nicht auf der sinnig harmonierenden Rechnung hatte, die sich aber prima ergänzen. Das musikalische wie emotionale Spektrum auf diesem eponymen Einstand könnte kaum breiter ausfallen. Verträumte Leisetreterei und folkige Weisheiten treffen auf explosive Bauten, die mit noisigen Höhepunkten, zuweilen sogar metallischem Crescendo auftrumpfen. Das ergibt sich erst nach dem einen oder anderen Durchlauf, macht aber Laune – Art Rock um die x-te Ecke gedacht, unheimlich begeisternd. Davon darf es gerne mehr geben.
Wertung: 4/5
Erhältlich ab: 07.04.2023
Erhältlich über: Dasein (Irascible Music)
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