Blondshell – Blondshell

Blondshell
(c) Daniel Topete

Von wegen durch die Blume: Sabrina Teitelbaum sieht keinen Grund, irgendwas zu beschönigen, und packt erfrischende Direktheit in ihre Texte. Die 25jährige US-Amerikanerin versteckt sich keineswegs hinter großen Metaphern und sagt deutlich, was Sache ist. Inmitten dieser durchaus therapeutischen Offenbarungen stecken großartige Songs und feinsinnige Melodien, die Pop-Sensibilitäten mit Indie und Alternative vermischen. Was zumindest dem Papier nach nicht zusammenpassen sollte, geht für Blondshell, so Teitelbaums Künstlername, absolut auf. Das erste Album heißt ebenfalls „Blondshell“ und begibt sich in große Songwriter-Tradition mit dem gewissen eigenständigen Etwas.

Einer dieser starken Songs, die Blondshell auf den Punkt bringen, ist „Sepsis“. Die Lässigkeit der Strophen, mit einer gewissen Beiläufigkeit vorgetragen, trifft auf einen großen Refrain mit Netz und doppeltem Boden, von intensiver Melodik und feinsinnigem Geschrammel begleitet. Die Erkenntnis über schädliche Normen und Prägungen, die Arschlochverhalten belohnen, thront über allem und taucht bereits im kurzen Opener „Veronica Mars“ auf. Man muss niemanden anziehend finden, nur weil sich diese Person mies verhält. Wie eine gewaltige Druckwelle bauen sich diese zwei Minuten auf, solieren sich ins Nirgendwo und sacken zusammen – ein Fragment, aber was für eines.

Kleine und große Überraschungen gibt es auf diesem Album in rauen Mengen. Die butterweichen Texturen von „Joiner“ führen erst einmal gekonnt auf die falsche Fährte. Klar, hier kommen Pop-Weisheiten wunderbar durch, doch lässt sich eine gewisse raue Kauzigkeit nicht von der Hand weisen. Dieser Ausbruch aus der vermeintlichen Komfortzone lässt den Track weiter wachsen. Hingegen gibt sich „Olympus“ lakonisch und zugelehnt. Gewisse Noir-Noten erinnern mal kurz an Lana Del Rey oder Lorde, tragen aber auch etwas Grunge-Chic in sich. Das butterweiche und zugleich sehr deutliche Finale „Dangerous“ lässt hingegen einen balladesken Stern aufgehen.

Letztlich geht dieser grundsympathische Exkurs viel zu schnell vorüber. In der Tradition einer Courtney Barnett oder Patti Smith zeigt sich Blondshell in bestechender Frühform und macht deutlich, warum sie zu den heißesten jungen Songwriter-Aktien zählt. Ihr selbstbetitelter Einstand reiht Perle an Perle, sagt zudem recht deutlich, was Sache ist, und geht sofort ins Ohr. Dieser etwas andere und doch angenehm eingängige Pop-Ansatz weiß absolut zu unterhalten. Sabrina Teitelbaum liefert mehr als nur eine mächtige Talentprobe ab.

Wertung: 4/5

Erhältlich ab: 07.04.2023
Erhältlich über: Partisan Records / PIAS (Rough Trade)

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