Unknown Mortal Orchestra – V
Ein zweiwöchiger Aufenthalt in Palm Springs im Jahr 2019 inspirierte Ruban Nielson, den Mastermind hinter Unknown Mortal Orchestra, bis er sich dort ein Haus kaufte. In der Folgezeit pendelte er zwischen Kalifornien und Hawaii, fühlte sich vom Tour-Burnout und gesundheitlichen Beschwerden befreit, bis gesundheitliche Probleme seines hawaiianischen Onkels zum Umzug der restlichen Familie führten. Zwischen anfänglicher Unbeschwertheit und der bewusst gewordenen Sterblichkeit entstand neue Musik, gemeinsam mit den Kernmitgliedern Jacob Portrait und Kody Nielson eingespielt. „V“ entzieht sich erwartungsgemäß jeglicher Kategorisierung und verfügt dennoch über jene Vibes, die Unknown Mortal Orchestra so anziehend klingen lassen.
Wo genau sich der Sound des Trios aktuell bewegt, lässt sich nicht so genau sagen. Es bleibt bei Anhaltspunkten … wie Disco-Funk, wenn es um „Meshuggah“ geht. Das tanzbare, herrlich hibbelige Stück geht gut nach vorne, lässt aber gewisse Abgründe erkennen. Eitel Sonnenschein ist hieran nichts. Auch zu „Layla“ kann man sich prima bewegen, wenngleich hier andere Seiten bzw. Saiten aufgezogen werden. Die psychedelischen Soft- und RnB-Einflüsse erinnern an frühere Platten, wirken prima verwaschen und verlebt. Ein nervöses Beat-Konzept und eine mit der sprichwörtlichen Tür ins Haus fallende Sologitarre suchen nach sperrigem Momentum, das dennoch in Herz und Ohr geht.
Einen wirklichen roten Faden erkennt man bestenfalls in der insgesamt zurückgelehnten Stimmung, die zwar auch in den etwas flotteren Tracks durchschimmert, an anderen Stellen jedoch präsenter scheint. Eine solche Stelle ist „Nadja“, dessen RnB-Smoothness samt schriller Gitarre mitwippen lässt. Etwas später nimmt „I Killed Captain Cook“ ein wenig hawaiianischen Charme mit, der sich sehr gut in den Sound des Orchesters einfügt. Hingegen geht das eröffnende „The Garden“ zwangsläufig nach vorne. Verhaltener Auftakt, kesse Tanzbarkeit und mächtig AOR-Gemächlichkeit samt Soft-Rock-Abrundung – das kommt gut und weiß zu unterhalten.
Verschnitt gibt es bei diesen 14 Songs innerhalb einer Stunde nicht, bloß gute Vibes in Hülle und Fülle. Geschickte Weiterentwicklung, ohne dabei alles hinter sich zu lassen – so muss das. Unknown Mortal Orchestra schreiben mit „V“ ein wunderbar neues Kapitel und werfen abermals alles in einen großen Topf. Und das funktioniert prima, denn die verstärkten AOR-Einflüsse, die Zugeständnisse an Palmenwelten und die soften 80s-Vibes wissen so richtig zu unterhalten. Gemeinsam mit der einen oder anderen ordentlich tanzbaren Nummern sowie den obligatorischen psychedelischen Exkursen entsteht ein überaus spannendes, belebendes Machwerk, das abermals ein gewaltiges, seliges Lächeln auf die Lippen zaubert.
Wertung: 4/5
Erhältlich ab: 17.03.2023
Erhältlich über: Jagjaguwar (Cargo Records)
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