Rotor – Sieben

Rotor
(c) Rotor

Weiterhin zählen Rotor fleißig durch und lassen die Musik für sich sprechen. Über sich haben die vier Berliner auch nach mehr als 20 Jahren herzlich wenig zu sagen und rücken dafür in den Mittelpunkt, worauf es wirklich ankommt. Die Mischung aus Heavyness und Stoner, Psych und Kraut erfährt aktuell neuen Rückenwind zwischen Groove-Maschine und filigraner Feinmechanik, so komplex wie faszinierend. Ihr siebtes Album, das selbstverständlich den Titel „Sieben“ trägt, wurde in einem alten Tanzsaal in Mecklenburg-Vorpommern aufgenommen und profitiert von einer kräftigen Portion mehr (Frei-)Raum.

Häufig ist der Songname Programm, wie im fabulösen „Mäander“. Für dieses wunderschöne Wort machen Rotor gleich über sieben Minuten – natürlich! – frei und lassen sich treiben. Es ist ein recht psychedelischer bis verkopfter Track geworden, schön ausladend und doch verträumt, wobei sich die zweite Hälfte zur richtigen Zeit forsch und direkt gestaltet – ein plötzlicher Sprung, eine minimale Zunahme an Intensität, bevor das Ding abermals in sich zusammensackt. Dass das große Finale, zugleich der siebte Song, „Sieben“ heißt, passt wunderbar ins Bild. Auch hier beginnt das Quartett eher brav, bevor aufbrandende Wucht das Finale einläutet.

Damit ist aber noch lange nicht „Aller Tage Abend“. Alleine das herrlich durchgetretene Effektpedal macht diesen Song bereits sympathisch, die ruhige Mitte hält den rauchigen und zugleich betont spielfreudigen Stoner-Prog geschickt zusammen. In „Reibach“ gehen Rotor schließlich aus sich heraus und eröffnen ihr aktuelles Werk druckvoll, frontal, absolut spielfreudig. Binnen Sekunden befinden sich die Berliner in einer Art Rausch, lassen das Ding wachsen und gedeihen, an die Grenzen des Heavy-Wahnsinns stoßen und dort eines der besten Riffs der gesamten Platte finden.

Eigentlich bleiben große Neuerungen auf dem siebten Werk der Urgesteine aus, was aber keinesfalls stört. Schnell findet „Sieben“ seinen ureigenen, wiederholt wechselnden Rhythmus und widmet sich charmanten Jam-Endlosschleifen, die gefühlt unaufhörlich wachsen. Rotor bleiben ein Uhrwerk, das seine Präzision hinter Virtuosität verbirgt, das stetig nach neuen Ideen und frischen Ansätzen strebt, dabei aber so wunderbar wuchtig und filigran bleibt. Gegensätze ziehen sich an, und gerade mit guten Kopfhörern ist die neue Rotor-Platte ein weiterer absoluter Gewinn, ein Erfolg auf ganzer Linie.

Wertung: 4/5

Erhältlich ab: 10.02.2023
Erhältlich über: Noisolution (Edel)

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