Kaskadeur – Phantom Vibrations

Kaskadeur
(c) Lea Städler

Das Album nach dem Album hebt ab. Vor zweieinhalb Jahren meldeten sich Kaskadeur mit neuem Namen und neuem Sound. „Uncanny Valley“ war dem retrolastigen Stoner-Spektrum der alten Band entwachsen und wilderte gefühlt überall, nahm Prog und Psych, Fuzz und Kraut hin zu. Dieser überaus eigentümliche wie unterhaltsame Mix geht nun in eine nicht minder ansprechende neue Runde: „Phantom Vibrations“ – das Phänomen, wenn man glaubt, das Handy summen zu hören – zieht die titelgebende Halluzination für ein ebenso verstörendes wie im besten Sinne verwirrendes Werk zwischen analogen und digitalen Sphären heran.

„All Comes From Nothing“ bringt diese Eigenwilligkeit in fünfeinhalb atemlosen Minuten auf den Punkt. Der längste Song der neuen Platte stellt eine Hammond-Orgel neben dicke Gitarrenwände, während der Gesang richtig schön durch den Wind klingt … und von poppigen Harmonien begleitet wird. In der zweiten Hälfte übernimmt die Instrumental-Abteilung. Die Lead-Gitarre scheint ein wenig gegen das Leitmotiv anzukämpfen – wie ein Led Zeppelin-Track aus den 70ern, der zum krautigen Jam ausgedehnt wird. Das mystische „The Truth, The Curse, The Lie“ im direkten Anschluss tastet durchs Dunkel, nur um schließlich mit fieberhafter Wucht abzuheben – ganz anders, ähnlich stark.

Kaum ein Song gleicht dem nächsten, das macht die zweite Kaskadeur-Platte so unterhaltsam. In „Generation Absolution“ sucht die Band erst einmal nach dem Einstieg, bevor der stoische Motor das Ding nach vorne treibt. Krautige Einschübe, fuzzige Gitarren und multiple Häutungen verwirren mit wachsender Begeisterung. In „Moving Particles“ kommt etwas Jazz durch. Dezent eingesetzte Math-Motive suchen und finden den instrumentalen Wahnwitz. Vocals braucht es nicht, denn stattdessen spielt sich das Quartett immer mehr in einen wahren Rausch, der sogar mit drückender Heavyness liebäugelt – eine von vielen spannenden Facetten auf diesem Album.

Einmal mehr hinterlassen Kaskadeur eine mehr als nur kräftige Duftmarke und spielen sich mit wachsender Begeisterung von jeglichen irdischen Zwängen und Erwartungen frei. Konventionen werden überbewertet, denn „Phantom Vibrations“ ist definitiv die Platte einer Band, die liebend gerne experimentiert und stets ihren eigenen Weg gehen will. Spielfreude entpuppt sich als Schlüssel zum Erfolg, denn man nimmt mit wachsender Begeisterung mehr von allem mit und erklärt die Jam-Session zur Kunstform. Man hört ihnen gerne zu, man lässt sich gerne treiben und entdeckt den Spaß an der Musik wieder – erneut großes Kino mit Suchtfaktor.

Wertung: 4/5

Erhältlich ab: 03.03.2023
Erhältlich über: Noisolution (Edel)

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