Turnover – Myself In The Way

Turnover
(c) Ian Hurdle

Bis vor nicht allzu langer Zeit spielten Turnover im Schnitt 200 Konzerte pro Jahr. Damit war jedoch Anfang 2020 Schluss, und plötzlich änderte sich der Alltag der vier Musiker, die ihre Umgebung bewusster wahrnahmen, sich neuen Berufen und Berufungen widmeten. Nebenbei arbeitete man 18 Monate lang an einem Nachfolger für „Altogether“, ließ sich alle Zeit der Welt und versuchte stets das Positive in erzwungenen Veränderungen zu sehen. „Myself In The Way“ ist Bestandsaufnahme und Weiterentwicklung zu gleichen Teilen, nach wie vor unfassbar smooth und charmant, aber auch etwas weltoffener.

Der Titelsong ist ein wunderbares Beispiel für diese Evolution auf allen Ebenen. Sänger Austin Getz wollte klassische Disco-Klänge mit modernen Synthesizer- und Vocal-Klängen vermengen, zudem singt er über mehr Präsenz im Hier und Jetzt, vor allem die Verlobung mit seiner langjährigen Partnerin. Zudem mischt Brendan Yates von Turnstile in diesem butterweichen, tanzbaren Bastard mit und setzt dem Geschehen die Krone auf. Dass diese Situation zumindest anfangs alles andere als einfach war, trägt „Tears Of Change“ bereits im Titel. Sympathischer Soft Rock kollidiert auf angenehme Weise mit etwas 80s-Schwulst.

Jedes Instrument, jede Spur, jede Idee sollte gehört werden, so Getz‘ Vision für dieses neue Werk, auf dem er erstmals als Co-Produzent auftrat. In „Pleasures Galore“ kann man das wunderbar nachvollziehen, gerade anhand der leicht pfeifenden Synth-Linie, die gefühlt aus den Untiefen des Arrangements aufsteigt und dem Track einen vorwitzigen Einschlag verleiht. In „People That We Know“, einer von zwei Songs mit Justin Bartlett, schwimmt ein Saxofon an die Oberfläche und entführt die Disco-Grundidee in den Club. „Ain’t Love Heavy“ mit Bre Morell ist hingegen tanzbarer denn je und geht überhaupt neue Wege, ohne dabei alles über den Haufen zu werfen.

Frischer Wind trifft Altbewährtes und beschreitet unerforschte Pfade: „Myself In The Way“ bricht über weite Strecken tatsächlich gen neue Ufer auf, ohne jedoch einen krassen Einschnitt zu bemühen. Man hört die minutiös genaue Detailarbeit auf allen Ebenen, das Zusammentreffen von organischen und synthetischen Klängen, die erlernten neuen Fähigkeiten der Musiker und das neue Lebensgefühl. Turnover wirken stellenweise wie eine andere Band, ohne sich komplett verändert haben – sie spielen und erleben bewusster, was zu einer im besten Sinne aufwühlenden, lebensbejahenden Platte führt, die man gernhaben muss.

Wertung: 4/5

Erhältlich ab: 04.11.2022
Erhältlich über: Run For Cover Records (Cargo Records)

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