Jeb Loy Nichols – United States Of The Broken Hearted

Jeb Loy Nichols
(c) Jeri Noble

In den frühen 80er Jahren zog Jeb Loy Nichols von New York nach London und begann dort ein neues Leben als Musiker – neben seinen Solowerken war er unter anderem Teil der Fellow Travellers – und Künstler. Dabei schwebte ihm immer schon eine Platte im durch und durch amerikanischen Sound (in etwa das, was Gram Parsons „Cosmic American Music“ nannte) vor. Genau das ist nun endlich passiert: „United States Of The Broken Hearted“ bringt Singer/Songwriter und Folk, Country und Soul, Reggae und Jazz für einen eklektischen wie bewegenden, belebenden Mix zusammen.

Als Vorzeigenummer geht gewiss „Big Troubles Come In Through A Small Door“ durch, zugleich die erste Single. Hier kommen die verschiedenen Elemente seines Sounds durch, von zartem Gesang begleitet. Jazzige Untermalung, souliger Retro-Schmelz, aber auch dezenter Folk-Charme sorgen für eine nahezu Soundtrack-artige Atmosphäre, wie sie einst Jonathan Jeremiah kultivierte. Hingegen lehnt sich „I’ve Enjoyed As Much Of This Good Life (As I Can Take)“ zurück, von ähnlichen Zutaten begleitet, bloß komplett neu zusammengesetzt. Eine gewisse Versöhnlichkeit schwingt mit, nahezu ein Hauch Finalität, bloß mit Schmelz und Augenzwinkern vorgetragen.

Davon kann im folgenden „Deportees“ keine Rede sein. Country und Americana begleiten beklemmendes Storytelling über Flüchtende, die nicht bleiben dürfen. Das Great American Songbook wird in der Luft zerrissen, sich an selbigem angelehnt. Dieser Kunstgriff gelingt und rührt. Hingegen versteht sich „I Hate The Capitalist System“ in der Tradition alter Protestlieder, während „Monsters On The Hill“ sein Ziel deutlich macht. In „What Does A Man Do All Day“ kommt sogar ein wenig Calexico-Flair für einen unerwarteten wie unterhaltsamen Farbtupfer durch.

Konnte sich Jeb Loy Nichols also seinen Albumwunsch endlich erfüllen? Zumindest zählt „United States Of The Broken Hearted“ zu seinen besten Releases, so vielschichtig wie aufwühlend fällt dieses aus. Eine Armada an Details kleidet diese ereignisreiche Suche aus, mal butterweich gebettet, dann so eindringlich wie eh und je. Von vermeintlicher Altersmilde kann keine Rede sein, dafür hat Nichols nach all dieser Zeit zu viel zu sagen. Es wäre an der Zeit, diesem spannenden Künster endlich ein Ohr zu leihen.

Wertung: 4/5

Erhältlich ab: 11.11.2022
Erhältlich über: On-U Sound Records (Rough Trade)

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