Bring The Hoax – Bring The Hoax
Die 90er klopfen an und wollen ihre Gitarren zurück. Zumindest scheint das mehr und mehr zum Motto von Lövely Records zu werden. Bring The Hoax schlagen in eine ähnliche Kerbe, die sich irgendwo zwischen Indie, Alternative, Grunge und Power-Pop bewegt – hymnisch, druckvoll, fuzzy und doch irgendwie zeitgemäß. Das schwedische Quartett um die Jugendfreunde Karl Nordahl und Hasse Karlsson hatte die erste Idee zu dieser Formation bereits 2010 im Keller einer billigen Pension auf Rhodos. Mit Drummer Mark Petterson, der ursprünglich den Tieftöner bedienen sollte, sowie der eigentlichen Bassistin Sara Engström entstand eine erste EP, schlicht „Bring The Hoax“ betitelt.
„Los Angeles“ dient als Opener und erste Single. Schnell stürzen sich Bring The Hoax in diesen Track, etwas kratzig und doch so charmant. Schließlich öffnet sich der Track mit dicken Harmonien, die gerne etwas schiefer ausfallen dürfen, während der Refrain Pop-Appeal und ein paar Effekte über den Song legt – sehr ungewöhnlich, aber gut. Auch „1993“ hat eine gewisse Eingängigkeit für sich gepachtet, lässt die Gitarren zudem steil gehen und bemüht zwischendurch hymnische Momente. Der wunderbare, dezent punkige Druck trifft auf eine Art Power-Pop, von Grunge und Alternative torpediert.
Im Vergleich dazu gibt sich „Jonestown“ durchaus direkt. Ja, das verspielte Riff aus der Garage wirkt etwas selbstverliebt, das gedrosselte Tempo und das Spiel mit Rock-Standards erweitert das Retro-Flair um weitere Rückgriffe in eine noch fernere Vergangenheit. Davon will „Singles“ kein Lied singen und rückt die druckvolle Rhythmusabteilung – scheppernde Drums, ruppiger Bass – in den Vordergrund. Der ansonsten gemächlich rockende Track gibt sich fast schon linear. „Down Below“ beschließt diese erste EP mit Melancholie, mit Grunge-Biss, mit bittersüßen Melodien und der Hoffnung auf das Unerfüllte, bevor ein quengeliges Gitarrensolo den Wellenbrecher gibt.
Gerade einmal 20 Minuten dauert dieser Einstand und macht mit Sicherheit Lust auf mehr. Auf sehr viel mehr. Bring The Hoax lassen sich auf ihrer selbstbetitelten EP keinesfalls festlegen. Klar, der 90s-Fokus ist zu jeder Zeit mehr als greifbar, doch sind die Schweden keine One-Trick-Ponys. Da darf es schon mal laut und fuzzy, durchaus noisig werden, dann tritt eine Indie-Hymne mit Pop-Charme aufs Programm, nur um irgendwann von kompletter Melancholie torpediert zu werden. Wer Alternative-Granden, die das Ende 90er Jahre dominierten, schätzt, ist bei den Schweden goldrichtig.
Wertung: 4/5
Erhältlich ab: 28.10.2022
Erhältlich über: Lövely Records
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