Pale Blue Eyes – Souvenirs
Die zeitlose Schleife als Magie des eingängigen Seins: Pale Blue Eyes bewegen sich grundsätzlich in Indie Pop/Rock-Gefilden, haben mit den Erwartungen an dieses Genre jedoch herzlich wenig zu tun. Das britische Trio um das Ehepaar Lucy (Schlagzeug, Elektronik) und Matt Board (Gesang, Gitarre) sowie Bassist Aubrey Simpson schätzt epische Gemütlichkeit und taucht mit tiefenentspanntem Elan in psychedelische, synthetische, zuweilen sogar leicht krautige Gefilde ein. Seit ihrer ersten Single im vergangenen Jahr folgt ihnen verdiente Aufmerksamkeit, nun landet das erste Album „Souvenirs“.
„TV Pong“ ist gewiss das Herzstück dieser Platte und lauert an vierter Stelle. In gut sieben Minuten stecken Pale Blue Eyes ihr Territorium ab, so getrieben wie relaxt. Der lebhafte Rhythmus, begleitet von synthetischen Melodien und federleichten Vocals, die selbst wie ein Instrument anmuten, lädt die erste von vielen Schleifen ab. Hier wird der Kraut-Bezug deutlich, ebenso das Faible für ausladend psychedelische Sinnsuchen. Immer länger und länger wird das Ding, verliert sich in instrumentalen Zwischenspielen und findet doch immer wieder zurück zur brodelnden Gemächlichkeit – wie Wooden Shijps, bloß eine Spur poppiger.
Es geht aber auch deutlich kompakter, wohl aber nicht weniger lebhaft. „Sing It Like We Used To“ trägt diesen eigenwilligen Esprit ebenfalls in sich, marschiert streng nach vorne und spielt sich in eine Art Rausch, der sich über präzise und zugleich launige Wiederholungen definiert. Hingegen eröffnet „Globe“ das Album mit annäherend vorsehbaren Indie-Klängen, die jedoch Schritt für Schritt vom schrubbenden Bass – Simpson mutiert mehr und mehr zum Motor – in treibende Gefilde verschoben werden. „Little Gem“ findet tatsächlich zum putzigen, poppigen Minimalismus, lässt eine imaginäre Sonne aufgehen und blickt auf den ausklingenden Sommer leicht wehmütig zurück.
„Souvenirs“ ist eine Art von Pop-Platte, die so rein gar nichts mit den Erwartungen an eine solche zu tun hat. Mit jedem Track, mit jeder Minute öffnen sich Pale Blue Eyes weiter und lassen sich richtig gelungen treiben. Man muss ein gewisses Faible für Kraut, Psych und Synth haben, obwohl sich keines dieser Konzepte auf unangenehme Weise aufdrängt. Das britische Trio geht einfach dorthin, wo es sich der jeweilige Song gerade gemütlich gemacht, bleibt dabei aber in sich ruhend. Und so verselbstständigen sich die Dinge auf wundersame Weise – eine kleine Abenteuerreise mit viel Stil, Herz und Bauchgefühl.
Wertung: 4/5
Erhältlich ab: 02.09.2022
Erhältlich über: Full Time Hobby (Rough Trade)
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