Alex The Astronaut – How To Grow A Sunflower Underwater
Das Leben ist furchtbar genug – wie soll man da bloß glücklich sein? Diese Frage stellte sich die australische Singer/Songwriterin Alex The Astronaut gerade zu Lockdown-Zeiten wiederholt. Die Sonnenblume wurde zum Symbol für das Streben nach besseren Tagen. Und solche hätte sie sich definitiv verdient angesichts verschiedener Traumata und Rückschläge, die auf ihrem zweiten Album ebenso verarbeitet werden wie kuriose Alltagsbeobachtungen und humorvolle Euphorie. „How To Grow A Sunflower Underwater“ setzt sich offensiv mit posttraumatischem Wachstum auseinander und bemüht Blickwinkel, die das Hier und Jetzt glücklicher gestalten können.
Zu den wichtigsten Songs zählt „Octopus“. Alex kleidet die Auseinandersetzung mit der eigenen Autismus-Diagnose – von anfänglicher Scham zur nun empfundenen Bereicherung – mit ihren Schnorchel-Ausflügen, die den Lockdown erträglicher machten, aus. Es ist ein flottes, hibbeliges Stück Musik, das durchaus aus dem gängigen Duktus ausbricht und sogar kurz in Richtung Pop-Punk schielt. Die herzhafte Eingängigkeit, die stete Betriebsamkeit, die wunderbare Melodie – ein starker Track in jeder Hinsicht. Ähnlich gut, aber ganz anders: „South London“, ein Stream of Consciousness der Beobachtungen, dessen Chor im Refrain Türen und Herzen öffnet.
Quarantäne bedeutet Separation und emotionale Belastung: Das bombastische und doch intime „Airport“ ringt mit der eigenen Gedankenwelt, mit dem seelischen Innenleben, und schwillt musikalisch immer wieder an. „I’ve loved you all this time“, wiederholt Alex im Refrain, und man spürt den Stich ins Herz. Es gibt aber auch die launigen, euphorischen Stücke. „Haircut“ handelt, na klar, von einem Haarschnitt, der alles besser macht. Die Protagonisten möchte ihre Freude mit allen teilen. Alles ist plötzlich prima, man ist angekommen und fühlt sich einfach richtig gut. Ähnlich ansteckend und hymnisch fällt das pumpende und doch liebevolle Arrangement aus.
Die Art und Weise, wie sich Alex The Astronaut selbst in den finstersten Situationen freischwimmt und -schnorchelt, steckt an, inspiriert. Nicht nur das, ihr zweites Soloalbum ist in jeder Hinsicht ein echter Gewinn. Hier setzt es eben keine typische, generische Singer/Songwriter-Kunst, sondern wiederholte Indie-Ausbrüche, große Pop-Sensibilitäten und fragile Intimität. Sämtliche Emotionen landen ungefiltert auf dem Plattenteller, und das weiß in jeder Hinsicht zu bewegt. „How To Grow A Sunflower Underwater“ ist ein kräftiges, ehrliches Statement einer spannenden Künstlerin, die hoffentlich noch viel mehr zu sagen und zu singen hat.
Wertung: 4/5
Erhältlich ab: 22.07.2022
Erhältlich über: Nettwerk Music (Bertus)
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