Bleakness – Life At A Standstill
Der latente, fortschreitende Wahnsinn der humanen Gegenwart begleitet und fasziniert aktuell viele Bands. Bleakness reihen sich in diese Riege ein. Das Trio aus der französischen Stadt Lyon verschreibt sich düsteren Punk-Ausprägungen – vor allem Post und Dark – in sämtlichen Grau-Schattierungen. Bereits ihr erstes Album war ein Wunderwerk an bedrohlichen Gesten, schroffer Wucht und süßlichen Melodien. „Life At A Standstill“ will noch mehr Nuancen zum Ausdruck bringen, ohne dabei die bisherige Dringlichkeit einzubüßen – ein schwieriger Spagat, der jedoch vollends gelingt.
„Hold On“ macht vor, wie es geht. Die nachdenklichen Pianotöne zu Beginn führen auf die falsche Fährte, schon bald erhebt sich Bedrohliches aus dem Dickicht. Donnernde Drumrolls führen in den Song, Sound und Ästhetik erinnern an Killing Joke in den 90ern, die sich am Übergang zwischen Post Punk und härteren Industrial-Klängen befanden. Hingegen ist der wütende und doch eingängige Refrain ein beißendes Wunderwerk mit dem Elan von Grave Pleasures, ohne dabei die eigene Kante zu ignorieren. Und genau das macht Bleakness – hier wie auf der restlichen Platte – so interessant: Sie ziehen ihren eigenen Stiefel durch, egal wie deutlich etwaige Querverweise ausfallen.
Das gilt auch für das hektische, ruppige „Affected Heads“, das mit Death Punk und Misfits-Drive spielt, wohlweislich auf den eigenen Ansatz umgemünzt. Die punkige Hektik steht den Franzosen hervorragend und kommt auch im zeitweise hibbeligen „Dancing With Darkness“ prima durch. Zugleich torpediert melodische Finsternis das Geschehen, sorgt für einen bittersüßen Beigeschmack und wendet sich dem unvermeidlichen Untergang des Seins zu. „Nowhere To Go“ ist in jeder Hinsicht ein fantastischer Titel für einen Rausschmeißer, wenngleich der zuweilen Wave-lastige Post-Punker nicht ganz richtig liegt.
Bleakness sind noch lange nicht mit ihrem Latein am Ende, können sich selbstverständlich noch nach vorne bewegen. Vielleicht lässt sich der Rausschmeißer doch anders auslegen: Es gibt kein Entrinnen vor den Franzosen, die auf ihrem zweiten Album verdammt viel richtig machen. Ihr aggressiver Post-Punk-Ansatz bringt mehr Drive und Dynamik in das düstere Geschehen ein, bemüht zudem herrlich vielschichtige Texturen und schreckt keinesfalls vor eingängigen, hymnischen Momenten zurück. Die Zukunft von Bleakness ist nach diesem knackigen Leckerbissen alles andere als öde.
Wertung: 4/5
Erhältlich ab: 17.06.2022
Erhältlich über: Sabotage Records / Sounds of Subterrania
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