Alexisonfire – Otherness

Alexisonfire
(c) Vanessa Heins

Ja, sie sind wirklich wieder da. Und nun sogar auf Albumlänge. 2019 und 2020 veröffentlichten Alexisonfire drei Singles als kleines Studio-Lebenszeichen, nachdem man sich zwischenzeitlich aufgelöst hatte und erst einmal für Live-Gigs zurückgekehrt war. Die kanadischen Post-Hardcore-Veteranen machen nun tatsächlich ein neues Album, das sich für die Kanadier wie eine Rückkehr zum bestens gelaunten Esprit der Anfangstage anfühlte. Das Ergebnis, „Otherness“, bemüht sich natürlich um den vertrauten Sound, schreckt aber ebenso wenig vor frischen Einflüssen zurück und hat das Zeug zum modernen Klassiker.

„Sans Soleil“ ist ein wunderbares Beispiel für die alte, neue Frische des Quintetts. Die Kanadier hatten immer schon eingängige Momente an Bord, doch zeigen die hymnischen, atmosphärischen Flächen durchaus eine andere Seite, die am ehesten zu Dallas Greens diversen Nebenschauplätzen passt. Semi-balladeske Wucht zielt auf hymnische Gefilde ab und landet einen Volltreffer. Noch besser gelingt das nur dem abschließenden „World Stops Turning“, dessen epische Leidenschaft ein wenig an Cave In zu „Antenna“-Zeiten erinnert. Der Track wird länger und länger, nimmt sogar ein klassisches Gitarrensolo mit, schwitzt zugleich schwer und brennt sich mit seinem dicken Teppich an melodischen Texturen sofort ein.

Neuere synthetische Einschläge begleiten das grandiose „Survivor’s Guilt“. Zwischen beißender, ruppiger Heavyness – George Pettit ist und bleibt ein Meister der Aggression – epischen Teppichen und dezent elektronischen Einflüssen entsteht der nächste Überflieger. Von solchen Spielereien hält der Opener „Committed To The Con“ herzlich wenig und marschiert gifig voran. Hier kommt die Post-Hardcore-Blaupause der mittleren 00er-Jahre wunderbar durch, druckvolle Entladung inklusive. Im Quasi-Titelsong „Sweet Dreams Of Otherness“ kommt schließlich alles zusammen, kollidiert Atmosphäre mit ruppiger Wucht für einen dröhnenden Leckerbissen am Anschlag.

Tatsächlich macht „Otherness“ so ziemlich alles richtig und zeigt Alexisonfire in unschlagbarer Form. Das erste Studioalbum seit 13 Jahren setzt knackige, frische Impulse und klingt dennoch so, als wären sie nie weg gewesen – ein Kunstgriff eines Widerspruchs in sich, wiederholt hymnisch, rabiat und atmosphärisch aufgelöst. Drei starke Stimmen, volle instrumentale Power und unzählige Querverweise auf frühere Großtaten sowie verschiedene Nebenprojekte entwickeln Gevatter Post-Hardcore weiter. Ob Alexisonfire für die fünf Kanadier nun wieder in den Mittelpunkt rückt oder nicht, dieses Comeback-Werk gehört gewiss zu ihren unbestrittenen Karriere-Highlights.

Wertung: 4,5/5

Erhältlich ab: 24.06.2022
Erhältlich über: Dine Alone Records (Membran)

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