The Ballet Bombs – Mutations
Ein waschechter Geheimtipp stöpselt die Instrumente ein und rockt los: The Ballet Bombs könnte man als Roadburn-Fan bereits kennen. Dort waren sie bereits 2020 als Special Guest eingeladen und traten im Vorjahr schließlich bei der Online-Variante auf. Das Trio aus dem niederländischen Eindhoven wird augenzwinkernd „Blink 182 des Garage Fuzz“ aufgrund ihrer Mischung aus Stoner, Fuzz, Garage und Glam genannt – kurzweilig, eingängig und zugleich herrlich roh. Zwischen Wall of Sound und Melodie wartet die pure Wucht. Ein erstes Album soll Anfang 2023 folgen, doch schon jetzt gibt es mit „Mutations“ eine komplett live eingespielte EP, welche den Derwisch-Charme der Niederländer einfängt.
Mit ihren fünf Songs hauen sie auf die Kacke, und den längsten Exkurs werfen sie gleich zu Beginn ab. „Fliedieflatsie“ nimmt stolze sechs Minuten in Beschlag, häutet sich gefühlt mehrfach und kreist mit schroffer Beständigkeit über eingängigen Harmonien, die sich ein wenig hinter der ungeschönten Präsentation verbergen. Mehrere kleine Explosionen und nahezu proggige Strukturen kollidieren mit Glam-Einschlag. Das dürfte nicht so gut funktionieren, geht aber sofort auf. Dann ein kompletter Szenenwechsel: „Leave My Head!“ mag es deutlich kompakter und rückt die eingängigen Momente deutlicher in den Mittelpunkt, von wütenden Eruptionen aus der Garage geschickt torpediert.
„Frankie Friend“ wirkt hingegen nett, in sich ruhend, deutet balladeske Momente an und ist doch ein vergleichsweise konventioneller Rocksong, der in der zweiten Hälfte vermehrt abhebt. Die solierende Gitarre zitiert zeitweise Jack White, bevor das Ding zurück in geradezu klassische Gefilde tänzelt. Auch „Oh, Girl!“ wählt einen relativ direkten Weg, doch scheint hier der unorthodoxe Sound eines Jon Spencer näher. Der muskelbepackte Chorus brennt sich mit seiner Schlichtheit sofort ein. „Cannibal“ dreht abschließend am Rad und befeuert kurzweilige Riffs mit Noise- und Punk-Energie, wütende Schreie inklusive. Das pure Chaos passt wie Arsch auf Eimer als Schlusspunkt.
Die eierlegende Wollmilchsau hatte hörbar Spaß am Wahnsinn. Klar, am Sound könnten sich die Geister scheiden, das Live-Umfeld wirkt noch eine Spur kratziger und ruppiger, doch schaffen es The Ballet Bombs auf diese Weise hervorragend, ihr hohes Energielevel zu kanalisieren. „Mutations“ geht vor Spaß und Spielfreude geradezu über, spielt mit Referenzen und Genres, ist nie um eine komplett wirre Wendung verlgben und hat doch Melodien, Hooks in rauen Mengen zu bieten, so tief man danach auch ab und ab graben mag. Dieser beißende Bastard verdient volle Aufmerksamkeit.
Wertung: 4/5
Erhältlich ab: 03.06.2022
Erhältlich über: Noisolution (Edel Distribution)
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