Smile And Burn – Besser sein als jetzt
Es sollte der perfekte Neustart werden: erstmals auf Deutsch, erstmals zu dritt, dazu ein klein wenig Finetuning am Sound. Nach drei Konzerten zu „Morgen anders“ drückte die Welt die Pausetaste. Smile And Burn vertrieben sich die Zeit mit einem Podcast, verrieten mehr zu ihrer Platte, kramten ein paar Demos und Raritäten hervor. Währenddessen geriet alles rundherum aus den Fugen, zwischen Kapitol-Sturm, Schwurblerei und Rechtsextremismus. Also rein in den Proberaum und einfach los, ein rohes Punkalbum wie in den Anfangstagen zaubern. „Besser sein als jetzt“ ist DIY und klare Kante ohne Schnörkel und doppelten Boden.
Je ungeschliffener, desto besser: Smile And Burn knien sich mit wachsender Begeisterung in die neuen Tracks rein, was die eine oder ander Kuriosität mit sich bringt. Der Rausschmeißer „Computer spielen“ dockt durchaus an Hardcore-Punk- und Crossover-Sperrigkeit an, die Auflistung diverser Videospiele ist amüsant. „Krätze“ rattert ähnlich brachial durchs Gebälk, nur um am Höhepunkt einen eingängigen Refrain auszupacken, den man prima mitbrüllen kann. Auch „Mensch, das Koks sieht klasse aus“ ist angenehm ranzig und druckvoll, ein Schwanengesang auf die alten Punks, die jetzt in Business-Meetings festhängen und sich die Nase „pudern“, beißender Sarkasmus inklusive.
Das Trio hat allerdings einiges zu sagen, und kein Song tut das deutlicher als „In vielen Farben“. Ein knackiger Dampfhammer gegen kleingeistige Arschlöcher und rechtsextreme Verfolgungsfanatiker streckt den Mittelfinger aus und macht klar, dass „das Volk“ definitiv anders aussieht, nämlich wesentlich bunter. „Scheißsystem“ tritt mit Anlauf nach oben und realisiert, dass Besserung nicht in Sicht ist, dass die Schere weiter auseinanderklaffen wird. Der Albumtitel taucht in „Egal was gestern war“ auf, vermittelt Aufbruchsstimmung mitten in der Resignation und passt perfekt zum Dauerlimbo seiner Entstehung.
Gut 25 Minuten später ist die Sache schon wieder durch. Smile And Burn kehren zumindest für eine Platte zurück zu ihren Wurzeln und nehmen kein Blatt vor den Mund, was aktuell mehr als nur willkommen ist. „Besser sein als jetzt“ ist eine punkige Urgewalt, spontan und schroff, laut und deutlich, aber auch humorvoll genug, um zwischendurch aufzulockern und den angenehm spontanen Esprit der Punk-Ursuppe hervorzukehren. Ob das nun ein spontaner Ausreißer oder ein Wegweiser für die musikalische Zukunft des Trios war, wird sich zeigen. Sympathisch, mitreißend und wichtig ist dieses Album aber allemal, eine rundum gelungene Sache.
Wertung: 4/5
Erhältlich ab: 13.05.2022
Erhältlich über: Solitary Man Records / OMN Label Services (Rough Trade)
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