Hook, Line And Sinker – (Smooth Jazz Implies The Existence Of) Rough Jazz

Hook, Line And Sinker
(c) Luca Ellena

Müssen sich Schweizer Riffs zwangsläufig in Zeitlupe abspielen? Die Quote des furchtbaren Witzes wäre somit erreicht, die Aufmerksamkeit gilt von nun an Hook, Line And Sinker. Tatsächlich spielen Riffs eine wichtige Rolle im Sound des Trios aus Freiburg im Üechtland, das musikalisch weitestgehend in der Wüste beheimatet ist. Stoner, Desert, Fuzz und Psych, aber auch verwaschene Pop-Ideen finden sich auf ihrem ersten Album wieder. Das trägt den wunderbar ausladenden Titel „(Smooth Jazz Implies The Existence Of) Rough Jazz“, wobei eine Sache festgehalten werden möchte: Jazz findet sich auf dieser Platte nicht. Muss ja auch nicht sein.

Die fieberhafte und doch understatete Energie von „In&Out Burger“ macht vor, worum es auf diesem Erstling geht. Hier tobt die Wüste, ohne sich jedoch rein etwaigen Stoner-Sensibilitäten zu ergeben. Treibende Riffs, eine virtuose Rhythmusabteilung und suchende Zwischenspiele mit Psych-Untertönen kreieren eine knisternde Atmosphäre, deren Lebhaftigkeit sich zeitweise in beißender Heavyness äußert. Damit hat „Nurija“ vergleichsweise wenig am Hut, setzt locker angeschlagene Gitarren ein und bemüht sich um lässige Riffgewalt, so trocken wie pointiert. Das brennt sich binnen Sekunden ein.

Je länger die Platte dauert, desto mehr versuchen die Schweizer. „Dawn“ nähert sich sogar der Acht-Minuten-Marke an, scheint in manchen Momenten den Transistor zu streifen und bleibt trotz allem fordernd in seiner meditativen Sinnsuche. Wie sich die zweite Hälfte in süffiger Zeitlupe überschlägt, bietet hohen Unterhaltungswert. Entsprechendes streift auch „Devil Is On The Radio“, der zweite Gigant. Zugleich lassen Hook, Line And Sinker in diesem Exkurs mehr Wucht durchkommen, in manchen Passagen einem Stampfen nah, zumindest bis die nächste psychedelische Zäsur folgt. Hier schimmern zeitweilig sogar Monster Magnet durch.

Wie im Flug vergeht diese Dreiviertelstunde, ein Einstand definitiv nach Maß und doch maßlos auf willkommene Weise. Rough ist der Sound auf jeden Fall, aber eben nicht auf schlechte Weise – gute Produktion und spannende Arrangierung gehen auf „Rough Jazz“ Hand in Hand. Hook, Line And Sinker haben ein eigenes Verständnis von wüstenartigen Klängen und breiten dieses mit wachsender Begeisterung aus. Starke Riffs, wunderbare Sinnsuche zwischen den Zeilen und der Hang zur losgelöster Spielfreude sorgen für hohen Unterhaltungswert. Jam-Magie und Rock-Individualität verbreiten beste Laune – diese Platte sollten nicht nur Wüstenfans unbedingt gehört haben.

Wertung: 4/5

Erhältlich ab: 06.05.2022
Erhältlich über: Eigenvertrieb

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