Hi! Spencer – Memori
Selbstfindung und Diversity, das sind die Leitmotive der neuen Songs von Hi! Spencer. Gut zwei Jahre nach ihrem exzellenten zweiten Album „Nicht raus, aber weiter“ meldet sich das Quintett vor allem mit einem deutlich glücklicheren Sven Bensmann zurück. Der Sänger outete sich im Februar 2020 zunächst privat, im Winter 2021 dann öffentlich als homosexuell, nahm kräftig ab und fand in vielerlei Hinsicht zu sich selbst, füllte Lücken und Leeren. Die sechs neuen Songs auf „Memori“ befassen sich unter anderem mit dem Weg zu einem besseren Leben und sind dabei durch und durch Hi! Spencer.
Am deutlichsten scheint dieses neue Selbstbewusstsein in „So schön allein“ durch. Die abschließende Halb-Ballade zeugt von einem Protagonisten, der mit sich selbst alleine, im Reinen sein kann. Begleitet von Nicholas Müller (Jupiter Jones) und einem Kneipenchor, entsteht aus dem anfänglichen Klavier-Motiv eine wunderbar bewegende Nummer. „Club 27“ ist genau das, bloß auf andere Weise, eine Art Vorher. Auf der Suche nach dem Ausweg entsteht ein pumpender Track, eine knackige Energieleistung mit deprimierendem Unterton und Hoffnung auf mehr.
Später schraubt „Muttersohn“ das Tempo in die Höhe und nimmt den pumpenden Indie-Punk, mit dem es einst so schön losging, auf eine treibende Reise mit. Sympathisch gibt sich auch „Fotopapier“, das den Blick zurück vor nostalgischer Verklärung rettet und zur ruppigen Hymne umgestaltet. Den klassischen Midtempo-Sektor bedient „Alles was hier steht“, ein kräftiges Statement mitten aus dem Leben, selbstbewusst nach vorne gehend. Dort wartet bereits „Dahinten fängt die Welt an“, ein weiterer Abräumer mit sympathischen Ecken und Kanten, von Aufbruchsstimmung begleitet.
Bunt und doch etatmäßig, so oder so ähnlich lässt sich „Memori“ zusammenfassen. Der Sturm der Erinnerungen tankt sich durch ein Leben, das gefühlt jetzt so richtig beginnt, ein spannendes neues Kapitel aufschlägt. Hi! Spencer begehen dies mit Altbewährtem und frischen Farbtupfern, speziell im packenden Rausschmeißer auf den Punkt gebracht. Man kann der Band – speziell Sven Bensmann – nur gratulieren. Tatsächlich fängt die Welt erst jetzt so richtig an, denn Grenzen, Limits gibt es gefühlt nicht mehr.
Wertung: 4/5
Erhältlich ab: 08.04.2022
Erhältlich über: Uncle M Music
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