Die Wände – Die Wände

Die Wände
(c) Colette Pomerleau

Einst hießen sind Girlie und schickten sich mit ihrer Kratzbürstigkeit an, Sonic Youth Konkurrenz zu machen. Seit dem Debüt „Im Flausch“ nennt sich das Trio allerdings Die Wände und bevorzugt die Leisetreterei im weiten Post-Punk-Umfeld – mal etwas krautiger, dann leicht psychedelisch, fast immer zwischen Wave und Lo-Fi pendelnd. In den letzten beiden Jahren wurde der Proberaum vermehrt zum Rückzugsort und Hoffnungsschimmer mitten in der Isolation. Der Blick aus dem Fenster in die Leere und Dunkelheit der Stadt trieb letztlich das Songwriting an. Nun ist „Die Wände“, das zweite Album, am Start.

Zu Beginn wartet die Endlosigkeit des Seins. „Die ewige Baustelle“ philosophiert über nicht enden wollende Tätigkeiten, nimmt sich dafür gut 13 Minuten Zeit und findet sich vermehrt in Post-Rock- sowie Psych- und Kraut-Gefilden. Gekonnt wird der Schleifen-Ansatz sukzessive umgedeutet und ausgedehnt. Mehrere kleine Kapitel begleiten die Arbeiten, es geht immer wieder von vorne los. Letztlich folgt die Erkenntnis, wohl eben doch morgen weitermachen zu müssen. Im krassen Gegensatz rast „Der Trick“ in unter zwei Minuten durch. Gemeinsam mit Der Mondmensch setzt es forschen, finsteren Post Punk mit brodelnder 80s-Attitüde, durchaus in griffige, noisige Ecken abdriftend.

Die beklemmende Meditation „Aus dem Raum“ schleicht etwas über vier Minuten lang durch die Lande, einer nicht einsetzen wollenden Erschöpfung nahe, durchaus suchend bis hoffend. Worauf, das bleibt offen. „Müssen nur sollen“, erklären Die Wände an anderer Stelle und gehen ein weiteres Mal forsch nach vorne. Die Schleusen öffnen sich, die Gitarren übersteuern wieder mitten in der etatmäßigen Retro-Präsentation. „24h“ überspringt zum Abschluss sogar die 14-Minuten-Marke, lange Zäsur und Suche nach der Auflösung des Seins inklusive. Es passiert – eigentlich – gar nicht so viel, doch liegt gerade darin eine wunderbare Magie, der mit aller krachender Trockenheit nervös begegnet wird.

Derlei Widersprüche – zumindest oberflächlicher Natur – gehören bei Die Wände dazu und machen ihre Musik erst richtig spannend. Ihr eponymer Zweitling befindet sich gefühlt stets auf der Suche. Wonach, das wird nie so recht deutlich, doch scheint die endlose Schleife genau Wirkung zu besitzen. Post Punk bleibt das Grundgerüst, doch nimmt das Trio diesen oft nur als kleinen Impulsgeber, bevor es auf die nächste große Reise durch Raum, Zeit, Kraut, Psych, Finsternis und bratende Rock-Reste geht. „Die Wände“ von Die Wände reißt Wände ein, so viel furchtbare Wortspielenergie muss sein. Es ist ein mächtiger, faszinierender Zweitling, der selbst in der XXL-Sinnsuche nie an Wirkung und Faszination einbüßt.

Wertung: 4/5

Erhältlich ab: 15.04.2022
Erhältlich über: Glitterhouse Records (Indigo)

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