50 Foot Wave – Black Pearl
Vor bald 20 Jahren rief Kristin Hersh 50 Foot Wave ins Leben. Hier lebt die Stimme von Throwing Muses gemeinsam mit Bandkollege Bernard Georges am Bass sowie Drummer Rob Ahlers ihr Faible für E-Gitarren-lastigere Musik aus, möglichst unbequem und doch so faszinierend in ihrer lyrischen wie tonalen Abgründigkeit. Geduld ist so und so Pflicht, denn knapp sechs Jahre nach der EP „Bath White“ gibt es endlich wieder neues Material. „Black Pearl“ bezieht sich auf jenes Viertel in New Orleans, wo das Album geschrieben wurde, und führt einmal mehr Finsteres sowie Bedrohliches auf faszinierende Weise zusammen.
Die schiere, gekonnt entstellte Wucht des Openers „Staring Into The Sun“ ist für sich bereits mehr als Anreiz, diese Platte zu verknuspern. Ein wenig Dronecore schwingt bei 50 Foot Wave immer mit, und so sorgt die Intensität in Verbindung mit Hershs Charakterstimme für wuchtige, mit Grunge und Doom flirtende Alternative-Klanglandschaften, die mit wachsender Begeisterung alles zerlegen, was sich gerade in den Weg stellt. Dass ausgerechnet der Titelsong ein instrumentales Zwischenspiel ist, vergleichsweise kurz und meditativ, geradezu psychedelisch, passt ins Bild.
Überhaupt lehnt sich das Trio noch weiter aus dem Fenster, beispielsweise im verwaschenen Gaze-Psych-Arrangement von „Blush“, das mit wachsender Begeisterung zwischen skurrilen Extremen pendelt und selbst in den kaputtesten Passagen das Licht am Ende des zugeschütteten Tunnels zu erspähen vermag. Mittlerweile sucht „Hog Child“ im Vorhof der auralen Hölle nach Antworten auf ungestellte Fragen und lässt die sehnsüchtige Gitarre zittrig singen. Stark ist auch der kurze, fast schon versöhnliche Abgang „Black Pearl“, dessen verkappte Melodik wie Balsam auf die Seele einwirkt.
Und dann ist plötzlich alles vorbei, viel zu früh und doch keine Minute zu spät. Ansatzlos entführt „Black Pearl“ in unergründete Welten, wiewohl das Fundament natürlich bestens bekannt ist. 50 Foot Wave kultivieren verstärkte Entfremdung in Reinkultur und wagen sich in Untiefen vor, die kaum beklemmender und betörender ausfallen könnten. Es sind abermals Grenzerfahrungen im weiten Alternative-Umfeld mit finsterer Sinnsuche und einer nach wie vor unheimlich faszinierenden Stimme, die selbst wie ein weiteres Instrument des Wahnsinns anmutet. Das erste neue Werk seit knapp sechs Jahren ist – natürlich – alles andere als einfach, aber einfach begeisternd.
Wertung: 4/5
Erhältlich ab: 15.04.2022
Erhältlich über: Fire Records (Cargo Records)
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