Spidergawd – VI

Spidergawd
(c) Marthe Amanda Vannebo

Was lange währt, wird endlich … veröffentlicht? Tatsächlich hatten Spidergawd ihr sechstes Album bereits im September 2020 aufgenommen und abgemischt, mit Brynjar Takle Ohr einen zweiten Lead-Gitarristen engagiert, der auch gleich gemeinsam mit Per Borten führend am Songwriting beteiligt war. Bloß der Release ließ ordentlich auf sich warten, wohl auch in der Hoffnung, endlich auf Tour zu gehen. Das scheint noch ein wenig zu dauern, und so wird „VI“ zum vorweihnachtlichen Geschenk, das den auf „V“ eingeschlagenen Weg mit vermehrten Metal- und NWOBHM-Anteilen fortsetzt.

Der Vorbote „Prototype Design“ bringt den Ansatz auf den Punkt: druckvoll, heavy, aber eben auch verspielt und eingängig. In aller Kürze brettern Spidergawd durch den wuchtigen Track und steuern direkt auf den Ohrwurm-Refrain zu. Gewisse 80s-Referenzen lassen sich nicht von der Hand weisen. In „Oceanchild“ werden diese sogar noch deutlicher, wenn Drum-Intro, Double-Leads und Chorus unter anderem Diamond Head und frühe Iron Maiden zitieren. Das funktionierte bereits auf dem Vorgänger prima und klingt hier noch zeitloser, weil die doppelte Axt eingespielt wirkt.

Entsprechend mutiert der Rest der Platte zum Siegeszug, wobei Spidergawd ab und an auch etwas versuchen. „Narcissus‘ Eye“ fällt in seinem Aufbau und seiner Melodieführung gewiss aus dem Rahmen. Fast schon erhaben, gemächlich und hymnisch wirkt der Track, ein wenig wie die großen Dio-Klassiker, muskulös und fantasievoll arrangiert. „At Rainbows End“ trägt derlei Querverweise sogar im Titel, rockt aber ungleich lässiger und kompakter. Die Komplettreduktion für das erste Gitarrensolo nimmt die Intensität hinaus und betont das eingängige Momentum der Nordlichter.

Auf ihrem sechsten Album sind Spidergawd um hymnischen Fokus bemüht, verdichten den Ansatz des Vorgängers und plantschen mehr denn je in der proto-metallischen Ursuppe. „VI“ zitiert die Granden des Genres, ohne dabei die Wurzeln zu verleugnen (einzig das Saxofon rückt noch stärker in den Hintergrund), und führt zugleich das neue Gitarren- und Songwriting-Gespann prima ein. Ähnlich wie zuletzt Haunt verneigen sich Spidergawd vor den Urvätern harter Musik und gewinnen mehr als nur vertrauten Klängen eine angenehm frische Dimension ab. Die Mischung stimmt abermals vorzüglichst.

Wertung: 4/5

Erhältlich ab: 10.12.2021
Erhältlich über: Crispin Glover Records (Soulfood Music)

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