Nathan Gray – Rebel Songs

Nathan Gray
(c) Becky Fountaine

Angesichts der zuletzt betont introvertierten, persönlichen Texte vergisst man gerne, dass Nathan Gray ein sehr politischer Mensch ist – dafür reicht ein Blick auf die Anfänge von Boysetsfire. Als sich der private Nebel sozusagen lichtete, folgte die Rückkehr mit Auge auf die Zukunft. Gray widmet sich seiner politischen Lebensgeschichte und schlägt die Brücke zur Gegenwart mit einem Statement gegen Spaltung, gegen soziale Kälte. Und so befasst sich „Rebel Songs“ mit dem Protest als Stilmittel, begleitet von prominenten Freunden und der Freude am dicken Bandsound.

Diese Brückenschläge glänzen durch Vielfalt. Der Titeltrack „Rebel Songs“ gibt sich zuweilen angenehm punkig und melodisch. Passenderweise wirkt Tim McIlrath von Rise Against mit, der sich als zweiter Motor anhängt und im Refrain mit Gray zu bestechener Form aufschwingt. Für „Million“ begab sich Labelmate Matze Rossi ins Studio – ein unerwarteter Zusammenschluss, der hervorragend funktioniert. Das gilt auch für Rapper Eugenius, der in „Look Alive“ vorstellig wird. Nathan Gray nimmt ein wenig Clash-Elan mit, der Crossover geht prima auf.

Auch ohne Zweistimme macht die neue Soloplatte Laune. Ein „Lost“ geht mit Gusto nach vorne und brennt sich sofort ein, während die etwas melancholischeren Momente, wie der Rausschmeißer „That Said“, dennoch ordentlich Elan mitbringen. „Capitol Stairs“ geht mit forscher, leicht punkiger Energie nach vorne, wobei gerade die Gang-Shouts absolute Spitzenklasse sind. Für „No Pasaran“ setzt es ein paar spanische Brocken von Nathan Gray, inspiriert von der spanischen Arbeiterpolitikerin und Revolutionärin Dolores Ibárruri Gómez. Und auch die Muskelspiele des ebenfalls punkigen Openers „The Reckoning“ machen richtig Laune.

So bewegt sich Nathan Gray mit einem Sound voran, der „Working Title“ gekonnt weiterdenkt. Letzte Singer/Songwriter-Elemente verschwinden zumindest vorerst, dafür ist Gevatter Punk mit vollem Einsatz zurück. Für „Rebel Songs“ wagt Gray mehr denn je die Öffnung mit geschickter lyrischer Parameter-Verschiebung, tollen Gästen und Songwriting, das hängen bleibt. Grandiose Hooks, mitreißende Darbietung, ganz viel Herzblut und Schweiß – es ist gewissermaßen ein neuer Anfang, der sich seiner eigenen Vergangenheit bewusst ist. Nathan Gray bleibt eine Bank.

Wertung: 4/5

Erhältlich ab: 17.12.2021
Erhältlich über: End Hits Records (Cargo Records)

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