Geese – Projector

Geese
(c) Daniel Topete

New York will den Post-Punk-Thron zurück, auf dem sich einst Interpol in Schale warfen. Eine blutjunge Band soll es richten, die überaus gehypten Geese. Die fünf Noch-Teenager genießen bereits einiges an Hype, und der ist mehr als nur verdient. Sie brauchten nur eine Handvoll Songs, um von allerlei Labels unworben zu werden. Gelandet sind sie beim britischen Edel-Indie Partisan Records, wo unter anderem Idles und Fontaines D.C. loslegten. „Projector“ zeigt eine Band, die gut 40 Minuten lang ihre Identität sucht und daran große Begeisterung findet.

Die nervöse Energie des Openers „Rain Dance“ steht exemplarisch für die energische Zerrissenheit des Quintetts: treibende Rhythmusabteilung, nervös flirrende Gitarren, wild gestikulierender Gesang und eine Hektik, die unter anderem The Fall und Talking Heads mitnimmt, für die flirrende, etwas zersetzte Seite des Genres steht. Feinsinnige Synthie-Breaks treffen auf Math-artige Riffs, das wirkt wie ein Widerspruch in sich. Solche gibt es im Verlauf der Platte in rauen Mengen. Im Titelsong „Projector“ wird es zuweilen butterweich und fast schon romantisch, tief in den 80er Jahren kniend und kurz vor dem New-Romantics-Abflug von nervösen, unbequemen Gitarren und wirbelnden Becken durchzogen.

Sympathisch ist auch „Low Era“, dessen flirrendes Leitmotiv die Luft erzittern lässt. Im krassen Gegensatz dazu liefert der stellenweise mehrstimmige Gesang dicke Harmonien, ringt Shame zusätzliche Hooks ab, wenn man so will. Das ellenlange „Disco“ federt ebenfalls durch die Gezeiten, lässt Querverweise auf die Tanzbarkeit von The Music zu und ist in den richtigen Momenten sogar noisig, direkt aufbrausend. Davon ist im grandiosen Abschluss „Opportunity Is Knocking“ wenig zu hören. Von der ersten Sekunde an geben sich Geese catchy as fuck, bleiben mit ihrer vorwitzigen Hektik sofort hängen und lassen in der überwiegend instrumentalen Hälfte sogar etwas Post Rock zu.

Über weite Strecken klingt „Projector“ extrem zerfahren und hat durchaus Schwierigkeiten, so etwas wie eine Linie, einen Sound zu finden. Und doch macht gerade das diese Platte zum echten Gewinn, so paradox sich das auch anhören mag. Geese suchen nach ihrer ureigenen Post-Punk-Vision und experimentieren mit wachsender Begeisterung. Klar, in manchen Momenten verrennen sie sich, suchen nach dem großen Moment, nur um urplötzlich mit einem unfassbar starken Riff oder einer mächtigen Hookline ums Eck zu biegen. In diesen Momenten wird die große Klasse sichtbar. Noch sind Geese herrlich unpoliert, zeigen sich aber selbst in den etwas behäbigen Momenten als herausragende Songwriter in jungen Jahren. Es wäre keine Überraschung, wenn das US-Quintett schon bald durch die Decke geht.

Wertung: 4/5

Erhältlich ab: 29.10.2021
Erhältlich über: Partisan Records / PIAS (Rough Trade)

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