Orchards – Trust Issues

Orchards
(c) Jessie Morgan

In der Releasewoche ihres Debütalbums breitete sich der Schatten des ersten Lockdowns aus. Da hatten Orchards mit „Lovecore“ eine wirklich bezaubernde, schillernde, hochgradig intelligente Platte gebastelt und dann konnten, durften sie herzlich wenig damit bewerkstelligen. Kein Wunder, dass die Euphorie erst einmal verschwunden war. Vertrauensprobleme waren das Ergebnis, „Trust Issues“. So heißt die neue EP des britischen Quartetts, das nach eigenen Angaben im vergangenen Jahr gefühlt genug für ein ganzes Leben erlebte.

Die Texte sind etwas düsterer geworden, die Musik bleibt aber fast schon euphorisch. „Leave Us Here (We’re Fine)“ eröffnet mit Elan und Anti-Establishment-Ideen. Klar, die Kunstszene kann ja mal ganz locker in den Allerwertesten gehen – wer braucht schon Unterstützung? Der euphorische, treibende Song mit seinem mitreißenden Refrain bleibt sofort hängen. Im Anschluss schleicht sich „Wrong Shoes“ von hinten an, kramt die vertrauten Math-Gitarren wieder hervor und wirkt stellenweise tanzbar, während Lucy Evers nach wie vor butterweiches Pop-Appeal in den Stimmbändern trägt.

Auch zu „Drive Me Home“ lässt es sich prima bewegen, wenngleich eine Spur langsamer. Der Titel verrät es bereits, hierbei handelt es sich nicht gerade um ein Liebeslied. Locker und doch bestimmt rollt der Track voran. „Bye, Insecurity“ ist als Kampfansage zu verstehen, wenngleich der Track unerwartet komplex rüberkommt mit zahlreichen Mini-Breaks und beatesker Wucht. Der konstante Aufbau schlägt irgendwann den Bogen zu jüngeren Foals-Platten, was erstaunlich prima klappt. Und dann wäre da noch „Wonderful“ mit seinem rollenden Bass und den Claps, die urplötzlich Platz für fieberhaften Rock machen – einer der härtesten Songs der noch jungen Bandgeschichte, dennoch catchy.

Zurückgenommen und doch alles umarmend, dabei von einer gewissen Distanziertheit begleitet: Orchards machen es sich auf ihrer neuen EP nicht so einfach, ringen zeitweise mit sich selbst, und doch macht gerade das diese Präsentation so sympathisch. Auf den ersten Blick dreht sich „Trust Issues“ um fünf poppige Indie-Tracks mit Math-Schlagseite, ein wenig an den Einstand erinnernd. Dahinter verbirgt sich eine Nachdenklichkeit, durch ernüchternde Erfahrungen begründet. Als Bonus packt die Vinyl-B-Seite noch diverse Bearbeitungen und Remixes bei – ein starkes Gesamtpaket einer weiterhin spannenden, grundsympathischen Band.

Wertung: 4/5

Erhältlich ab: 26.11.2021
Erhältlich über: Big Scary Monsters (Membran)

Orchards @ Home | @ Facebook
„Trust Issues“ @ Amazon kaufen