Closet Disco Queen – Stadium Rock For Punk Bums
Ein zweites Mal wirbeln Closet Disco Queen heuer Staub auf, nun in der Originalbesetzung, wenn man so will. Nach der grandiosen Dexter-Platte mit der Begleitband The Flying Raclettes gibt es konventionelle Kost, die alles andere als konventionell ist. Bereits zu Jahresbeginn spielten Luc Hess und Jona Nido eine kleine Residency und nahmen drei Tracks auf, live und ungeschnitten. Später, im Studio, entstand der Bock auf unzählige Spuren und möglichst dicken Sound, noch dazu betont voluminös abgemischt. Stadionrock war die Referenz, freilich im Kontext des sympathisch sperrigen Duos. „Stadium Rock For Punk Bums“ tankt sich durch die Versorgungsgänge unter der Arena.
Unter lautem Getöse eröffnet eine schnittige Gitarre „Michel-Jacques Sonne“, die tatsächlich Stadion-Kompatibilität aufweist … für sich alleine und in einem anderen Kontext. Denn Closet Disco Queen klingen, nun ja, nach Closet Disco Queen. Der treibende, druckvolle Sound kommt gut, vor allem die wirbelnden Drums. In der zweiten Hälfte wird es fast schon schwerfällig und doomig, dann taucht eine neue Lead auf und spielt mit NWOBHM-Zweistimmigkeit, ohne auch nur annähernd in metallische Gefilde abzutauchen. Die endlose Solierung Richtung Finale kommt gut, gerade in Verbindung mit der bleiernen Schwere.
Im Gegensatz dazu wirkt „Pascal À La Plage“ verspielt und verkopft, ist zu Beginn nur kleine Tweaks vom Funk entfernt und bäumt sich schließlich bis zum plötzlichen Versiegen auf, das durch eine Art Zwischenspiel („Lalalalala Reverb“) fortgesetzt wird. Der Effekt an der Gitarre hallt nach und schlägt die Brücke zum großen Schlussakt, „Le Soucieux Toucan“. Über sechs ausufernde Minuten ruft das Duo seine ganze Strahlkraft ab. Da stecken geschickte Post-Rock-Aufbauten drin, kauzige Prog-Ansätze, etwas Noise und Alternative, aber auch ganz viel Kunst. Im ausgedehnten, fast schon vorsichtigen Mittelpunkt übermannen die Gefühle, nur um von Druckwellen niedergebügelt zu werden.
Stadionrock mit Augenzwinkern, das kann nur von Closet Disco Queen kommen. Wo andere Vertreter sich um cheesy Parodien bemühen würden, nehmen die Schweizer einfach das Volumen des ansonsten pompösen Genres mit und befeuern es mit ruppigen, verspielten, ausufernden Trademarks. „Stadium Rock For Punk Bums“ ist somit genau das, im Grunde Punk und pointiert, aber eben auch groß, triumphal, eigensinnig. Stellenweise fast schon die Antithese zu den Flying Raclettes und letztlich doch mehr als passend, schließen Closet Disco Queen das musikalisch vielleicht stärkste Jahr ihrer Karriere gebührend ab.
Wertung: 4/5
Erhältlich ab: 03.12.2021
Erhältlich über: Hummus Records
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