Noah Gundersen – A Pillar Of Salt
2009 zog Noah Gundersen, gerade einmal 20 Jahre alt, aus der Kleinstadt nach Seattle. In der damaligen Künstlerstadt, wo immer noch ein Hauch von Grunge durch die Luft wehte, hatte er das Gefühl, alles erreichen zu können. Nach und nach verschwand die Kultur der Stadt, wurde von großen Tech-Konzernen verdrängt. Als Corona schließlich alles Bars schließen ließ, verabschiedete sich auch der Singer/Songwriter aus seiner einstigen kreativen Heimat. Und doch vermisst er Seattle bzw. die Erinnerung an die einstige Größe. „A Pillar Of Salt“ blickt mit einer gewissen Wehmut zurück.
Besonders deutlich wird dieser Bezug selbstverständlich im Vorboten „Sleepless In Seattle“, der zudem den Grundstein für den insgesamt etwas ruhigeren Sound dieser Platte legt. Gundersen taucht mehr denn je in Folk- und Singer/Songwriter-Gefilde ab, gibt den großartigen Storyteller und beobachtet, dass eigentlich längst nicht alles Gold an seiner einstigen urbanen Liebe ist, geschweige denn glänzt. Diese Aufbruchsstimmung thematisiert „Exit Signs“ prima – gleichzeitig die Anzeichen, die ihn zu neuen Ufern drängten, und ebenso der Blick nach vorne. Etwas mehr Rhythmus, Streicher und Pop-Anleihen docken an die letzten Platten an.
Für „Atlantis“ konnte Gundersen seine gute Freundin Phoebe Bridgers gewinnen. Das reduzierte, bewegende Duett unterstreicht den ebenfalls bestens vertrauten Indie-Charme. Im eröffnenden „Laurel And Hardy“ watet der Protagonist durch schwere Zeiten, begleitet von Wehmut, von einer gewissen Hoffnungslosigkeit, die in manchen Momenten sogar an Saddle-Creek-Glanzzeiten erinnert. Ein paar Türen weiter gibt sich „Blankets“ eine Spur lauter und doch introvertierter, möchte aus etwas nicht näher Benanntem ausbrechen und tut sich doch schwer. „Always There“, lautet schließlich das finale Resümee. Im Fall des Falles könnte es immer wieder zurückgehen, begleitet von bewegender Fragilität, die sogar etwas in Richtung Chamber-Pop schielt.
In dieser Vielfalt und schonungslosen Offenheit ist „A Pillar Of Salt“ wunderbar geworden. Noah Gundersen erinnert sich gerne an ein Seattle der künstlerischen Freiheit, hält der heute steril gewordenen Stadt aber auch einen Spiegel vor. Die sprichwörtliche Medaille hat gleich mehrere Kehrseiten, und so bewegt sich auch die Musik zwischen fragiler Ruhe, poppiger Sensibilität, einem Hauch von Uptempo und Indie-Folk-Charme. Dieses Album bringt alles mit, was Gundersen bislang durch den Äther jagte, und wählt zugleich eine wertvolle frische Perspektive mit Zukunftsqualität. Wer weiß, vielleicht finden Seattle und der Musiker doch irgendwann wieder zusammen.
Wertung: 4/5
Erhältlich ab: 08.10.2021
Erhältlich über: Cooking Vinyl (Indigo)
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