Lygo – Lygophobie

Lygo
(c) Sebastian Igel

Nach dem Abschluss ihrer letzten Tour zu „Schwerkraft“ planten Lygo eine Pause auf unbestimmte Zeit, um sich einfach mal anderweitig auszutoben. Als die Welt stillstand, kam die Lust aufs Songwriting schneller zurück, als man erwartet hatte. Zudem konnte die Band nun selbst Musik im Proberaum aufnehmen – Drummer Daniel hatte sich in der Auszeit mit Musikproduktion beschäftigt. Und dann gab es noch einen angenehmen Zufall: Das Trio entdeckte den Begriff „Lygophobie“. Diese übermäßige Angst vor der Dunkelheit, so die Bedeutung, wird auf der gleichnamigen neuen Platte durch den Weg zurück ins Licht konterkariert.

Ein paar Sekunden halten Lygo inne, dann legt „Schockstarre“ los und löst sich sozusagen von sich selbst. Der vertraute Drive zwischen Punk und (Post-)Hardcore geht in die Vollen, hält das Tempo hoch und explodiert in mittlerweile vertrauter Manier, die etwas an Fjørt erinnert. Ganz anders, aber ähnlich großartig: „Kommentarspalte“, die Vertonung von YouTube-Kommentaren von Personen mit Schlafstörungen. Der gemächliche, fast schon melancholische Track strahlt eine herrlich skurrile und doch wohlige Faszination aus, sollte eigentlich nicht so hervorragend funktionieren.

Schnell wird klar: Das hier ist mehr als nur ein Follow-up, das ist der nächste Schritt. „Fight Club“ lässt oberflächlich die Muskeln spielen mit Dreck und angeschwitztem Elan, schlägt dahinter mit wachsender Begeisterung um sich und bemüht einen fast schon versöhnlich anmutenden Chorus. „Warmes Bier & kalter Kaffee“ ist eine prima Anti-Hymne, die in manchen Momenten durchaus Turbostaat-Qualitäten annimmt, und „Ufer“ löst aus dem Stakkato-Understatement das erste Gitarrensolo der Bandgeschichte. Auch das hat Stil, wie auch das grandios eingängige, mit Ballast in den Ring steigende „Kein Fahrtwind“.

Letztlich ist „Lygophobie“ die mehr als konsequente Fortführung von „Schwerkraft“, die natürlich mit vertrauten Mustern arbeitet, die natürlich an ein wenig Genre-Prominenz erinnert, die zugleich Lygo aber mehr denn je als eigenständige Entität etabliert. Alleine schon die Wucht, mit der das Trio an die Sache herangeht, macht Laune. Der stete Drive zwischen punkiger Hymne und brachialer Hardcore-Intensität legt sich auf die Brutale mit dem Nervenkostüm an und macht dennoch immer wieder Hoffnung, sucht nach Auswegen, nach Motivation in düsteren Zeiten.

Wertung: 4/5

Erhältlich ab: 29.10.2021
Erhältlich über: Kidnap Music (Cargo Records)

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