Villagers – Fever Dreams
Conor O’Brien wollte eine Platte schreiben, die zum Lächeln bringt und zugleich Platz für etwas Reflektion lässt. Der Weg zum fünften Villagers-Album war alles andere als einfach. Eigentlich war der Großteil der Musik bereits Anfang 2020 aufgenommen, dann musste O’Brien Lockdown-bedingt selbst in einem kleinen, engen Studio weitermachen. Das Chaos dieser Zeit ließ die neuen Songs zu einer Wundsalbe für die Seele reifen. „Fever Dreams“ klingt in etwa so, wie es der Titel andeutet: bunt, schillernd, etwas überdreht und sehr unwirklich, aber doch irgendwie warm und behaglich.
Diese Fieberträume äußern sich schon mal in ellenlangen Arrangements, die stetig wachsen und gedeihen. „So Simpatico“ entstammt eigentlich einer Jam-Session mit der gesamten Band, wurde jedoch im Studio immer weiter reduziert, um sukzessive eine feinsinnige, leicht kitschige und zugleich bezaubernde Pop-Idee im XXL-Format herauszulösen. Reduktion kennt auch „Full Faith In Providence“, bloß klingt der Track mehr wie eine minimalistische Demo inklusive übersteuert wirkenden und doch so fragilen Vocals. O’Brien spielt das Klavier seiner verstorbenen Großmutter in der gespenstischen Ruhe seines Apartments, Rachael Lavelle steuert die himmlische Zweitstimme bei.
Obwohl die Tracks konzeptuell und musikalisch locker miteinander verbunden sind, lässt sich kein eindeutiges Leitmotiv erkennen. Das macht gewissermaßen den Reiz des Albums aus, denn so kann das federnde, suchende „The First Day“ mit seiner märchenhaften Sensibilität problemlos neben dem fieberhaften, pulsierenden „Circles In The Firing Line“ stehen, dessen Jam-Charakter zu großen Gesten, wildem Rudern und possierlicher Vintage-Hektik führt. Auch das ist irgendwie typisch für Villagers, ebenso wie der bezaubernde Dream-Track „Deep In My Heart“, der das Licht endgültig ausmacht.
Das ist die große Kunst von Villagers: Kaum eine Platte klingt wie die andere, und doch erkennt man Conor O’Briens Trademark-Sound zu jeder Zeit, unabhängig von Produktion, Schichten und leichter Entfremdung. So auch „Fever Dreams“, das – ganz dem Namen entsprechend – weit aus dem Fenster lehnt, die Welt vorbeiziehen lässt und diese doch aktiv mitbestimmt, das Geschehen auf oberflächlich unscheinbare Weise diktiert. O’Brien ließ sich (notgedrungen) Zeit im Studio und verpasste dem neuen Album einen angenehm unwirklichen, zugleich erstaunlich konkreten Feinschliff. Villagers bleiben eine Bank mit einer weiteren kleinen Überraschung und herrlicher Gefühlswelt.
Wertung: 4/5
Erhältlich ab: 20.08.2021
Erhältlich über: Domino Records (GoodToGo)
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