Duchamp – Slingshot Anthems

Duchamp
(c) Dennis Dirksen

Im Mai 2020 meldete sich Peter Tiedeken (u. a. Pale, The Robocop Kraus) bei seinem alten Kumpel Ingo Knollmann (Donots) und hatte ein paar instrumentale Demos am Start. Knollmann ließ sich nach knapp 15 Jahren Funkstille zu ein paar Gesangsaufnahmen hinreißen, wenig später stand eine komplette Band. Bei Duchamp wirken zudem Christian Kruse (Adam Angst, Waterdown) und Benni Thiel (Schrottgrenze) mit, der Sound orientiert sich an Old-School-Hardcore und East-Coast-Punk der 80er und 90er. „Slingshot Anthems“ widment sich den kantig-melodischen Pionieren und holt sich zudem ein paar Jugendhelden als Gäste ins Boot.

Da wäre beispielsweise Jason Shevchuk von Kid Dynamite, eine erklärte Lieblingsband von Tiedeken und Knollmann, der sich durch das mächtige „The Art Of Defiance“ tankt und die Uhr ein paar Jahrzehnte zurückdreht. Knollmanns Gesangseinlage im Auge des Sturms stiftet ein wenig Harmonie, natürlich mit Ecken und Kanten. Stark ist auch „Train Dodge“ mit Brian McTernan von Battery, der erst vor einem Jahr ein grandioses Album mit Be Well hinlegte. Wie der Track gefühlt aus dem Stand abhebt und zu einem mörderischen Refrain findet, ist großes Kino. Dave Smalley von Dag Nasty und All sowie Stephen Egerton von Descendents geben sich ebenfalls ein Stelldichein.

Duchamp brauchen nicht unbedingt Gäste, um abzuräumen. Bereits das eröffnende „I Wanna Be Your Tool“ ist ein waschechter Hardcore-Punk-Leckerbissen, der angenehm zeitlos klingt, nicht zuletzt dank der modernen Produktion. Für „The Good Fight“ packt das Quartett knackige Gang-Shouts in küstensurfende Punk-Klänge, die sich wiederum von knackigem Core zerdrücken lassen. Ein kurzer Nonsens-Track in Form von „Nobody Ever Said Fuck The Fire Department“ darf natürlich nicht fehlen. Ab und an muss der Titel länger als der Song sein. Das wunderbare „Video Games & Coffee“ schlägt wiederholt aus und bietet danach ein Bier an – der perfekte Soundtrack für ein neues „Tony Hawk“-Game.

Freilich, eine musikalische Revolution darf man sich nicht erwarten. Duchamp zocken den Sound ihrer Jugend und haben einfach nur Spaß daran, sich ordentlich die Kante zu geben. In gut 26 Minuten ist das Unterfangen schon wieder vorbei, gepflegt auf den Punkt geklöppelt. Natürlich klingt der Gesang ein wenig nach den Donots, das liegt in der Natur der Sache, doch hat die Musik mit dem Sound der beteiligten Musiker häufig nur rudimentär zu tun. „Slingshot Anthems“ krallt sich den großen Hardcore- und Punk-Topf, greift beherzt zu, und spuckt gleich mehrere Granaten aus. Fortsetzung folgt hoffentlich.

Wertung: 4/5

Erhältlich ab: 20.08.2021
Erhältlich über: Solitary Man Records / End Hits Records (Cargo Records)

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