Mieke Miami – Montecarlo Magic

Mieke Miami
(c) Dovile Sermokas

Als Sabine Mieke Wenzl in der elterlichen Plattensammlung auf „Sgt. Pepper’s Lonely Hearts Club Band“ stieß, war es um sie geschehen. Sie studierte später Saxophon, Klavier und Querflöte in Berlin, wohnt inzwischen in Luckenwalde, arbeitet aber nach wie vor in der Hauptstadt als Lehrerin und Komponistin. Und eben als Musikerin, denn unter dem Pseudoynm Mieke Miami schreibt sie herrlich eigenwillige, kunstvolle Songs mit poppigem und elektronischem Einschlag. Das Faible für die Beatles ist ihr geblieben, doch „Montecarlo Magic“, so der Titel von Miamis zweitem Album, hat damit wenig zu tun.

Wobei, so ganz stimmt das nicht, denn Mieke Miami covert „Cry Baby Cry“ vom weißen Album. Und das kommt gut, weil eben bei aller Vertrautheit stets ein eigener, leicht verwaschener Touch am Start ist. Geht hier etwa am Höhepunkt sogar die Sonne auf? In „Pool“ ist diese von Anfang an am Start und trifft auf Funk, sogar auf etwas Disco, aber eben auch auf verhalten angejazzte Art-Pop/Rock-Konzepte. Miami singt und flüstert, das Saxophon ringt mit der Gitarre um die Vorherrschaft. Obwohl der Track stellenweise überaus chaotisch anmutet, bleibt die stille Lässigkeit stets präsent.

Eben jener Spagat zwischen Anspruch und Stilsicherheit macht „Montecarlo Magic“ zur kurzweiligen Platte. Das beginnt bereits im eröffnenden „Californio“, das sich mit seinem entfremdeten Bounce und der minimalistischen Melodik vorsichtig aus dem Dickicht erhebt, später treffen Streicher auf einen Hauch After-Hour-Atmosphäre. In einem weiteren krassen Stilbruch schwimmt „Way Out West“ durch ellenlange Leerräume und tauscht die geholsterte Pistole gegen eine Sonnenbrille ein – verschmitzt und herrlich schräg. Die dicke Synthesizer-Serenade von „Uh Baby Baby“ raubt hingegen sämtliche Sinne, die Vocals sind dafür zart, fast schon feenhaft. Als würden Goldfrapp all ihre musikalischen Phasen in einen Song packen.

Nie kann man sich absolut sicher sein, wohin es Mieke Miami gerade zieht, doch das macht auf kuriose Weise den Reiz ihres zweiten Albums aus. Tatsächlich scheint „Montecarlo Magic“ gleichzeitig überall und nirgendwo angesiedelt zu sein, verbindet jazzigen Esprit mit Art-Freigeist, elektronische Schemata mit Kammerpop, ja sogar etwas Indie-Attitüde mit retrolastigem Brit-Charme. Und doch wird das Miamis Auftreten bestenfalls bedingt gerecht; ihre neue Platte ist eine halbstündige Reise durch die Musikwelt mit herrlicher Leichtfüßigkeit, selbst im schwersten Gang. Anspruch mit großer Sympathie – ein von Anfang bis Ende richtig guter, faszinierender Zweitling.

Wertung: 4/5

Erhältlich ab: 09.07.2021
Erhältlich über: Fun In The Church (Bertus)

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