ME REX – Megabear
Bei manchen Platten wünscht man sich, sie würden nie zu Ende gehen. ME REX haben das verstanden und ein endloses Album aufgenommen. 2015 als Solo-Wohnzimmerprojekt von Myles McCabe gegründet, entwuchs die mittlerweile vierköpfige Indie-Band schnell den vier Wänden ihres Songwriters und brillierte unter anderem mit der Doppel-EP „Triceratops / Stegosaurus“ im vergangenen Jahr. Ihr Debütalbum heißt „Megabear“ und legt das gute, alte „Choose your own adventure“-Büchlein auf den musikalischen Shuffle-Modus um.
McCabe stellte sich die Herausforderung, einen halbstündigen Song zu schreiben, und wollte zugleich die klassische Songvorstellung sowie herkömmliche Aufnahmeprozesse hinterfragen. Entstanden sind 52 Fragmente, 32 bis 78 Sekunden lang, die am besten im Shuffle-Modus gehört werden. Auf diese Weise ergeben sich immer wieder neue musikalische Erlebnisse, begleitet von einem Gefühl der – ja, da ist der Bogen gespannt – Endlosigkeit. Vorgemacht haben es ME REX mit der Single „Galena“, selbst eine zufällige Kombination von sechs Tracks, die in den ersten Zeilen zugleich Bezug auf den Entstehungsprozess aus dem Chaos nehmen. Aber was kann diese Platte eigentlich wirklich?
Nun, sehr viel, denn tatsächlich kann man sich zu dieser Musik – luftig-leichter Indie Pop mit viel Piano, mal etwas direkter und tanzbarer, dann wieder sehr gefühlvoll – wunderbar treiben lassen. Immer wieder neue Kombinationen betonen die Ewigkeit dieses Albums. „The party’s never over“ heißt es beispielsweise in „Lapis Lazuli“, das in einem besonders guten Shuffle-Lauf zur lauteren Fortsetzung „The Party Eating Its Own Tail“ führt. Als nächster Abschnitt wäre die kurzweilige Reduktion durch „Tin“ denkbar, von „Silver Iodide“ weiter in die Entschleunigung geführt und durch „Peckham Rye“ zurück zur Aufbruchsstimmung gebracht, die mit „Reclaimed From The Water“ ein hymnisches Ende nimmt.
Und so kann – und könnte – es ewig weitergehen. Laut McCabe sind 80 Undezillionen einzigartiger Kombinationen denkbar, das ist eine Acht mit 67 Nullen. Natürlich geht nicht jede Verbindung auf, gerade wenn einige der ruhigeren Instrumentals hintereinander einlullen, doch solche Shuffle-Zufälle sind relativ selten. „Megabear“ ist ein spannendes Experiment, dem richtig gute Songs zugrunde liegen. Unter www.megabear.co.uk kann man diese Erfahrung selbst antesten, einem 52teiligen Kartendeck nachempfunden. ME REX präsentieren fragmentierte Musik, zu der man sich einfach treiben lassen kann, und wecken Lust auf eine ‚reguläre‘ Platte von ähnlicher Kreativität.
Wertung: 4/5
Erhältlich ab: 18.06.2021 (digital) / 23.08.2021 (Vinyl)
Erhältlich über: Big Scary Monsters (The Orchard / Membran)
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