The Problem Of Leisure: A Celebration Of Andy Gill & Gang Of Four
1979 erschien „Entertainment!“, das Debüt von Gang Of Four und zugleich eines jener Alben, das den Grundstein für Post Punk legte. Die Faszination dieser Platte ist bis heute ungebrochen. Mastermind Andy Gill lud zum 40jährigen Jubiläum Musiker*innen und Bands ein, um Songs aus allen Schaffensphasen von Gang Of Four zu covern, doch erlebte er die Fertigstellung nicht: Gill starb am 1. Februar 2020 im Alter von 64 Jahren. Seine Witwe Catherine Mayer führte das Projekt fertig. Unter dem neuen Namen „The Problem Of Leisure: A Celebration Of Andy Gill & Gang Of Four“ versammelt es allerlei Prominenz auf zwei CDs und LPs.
Eröffnet wird der Tribute-Sampler von Idles, einer der wichtigsten Post-Punk-Bands der Gegenwart. Ihre Version von „Damaged Goods“ wirkt gefährlich, scharfkantig und tanzbar. Damit ist man aus offensichtlichen Gründen nahe am Original dran, was aber prima klappt. La Roux hat sich diesen Song ebenfalls vorgenommen und in ihren Electro-Pop-Mikrokosmos eingebunden. Die eingängige Lässigkeit überrascht im besten Sinne. An anderer Stelle melden sich die Alternative-Metal-Urgesteine Helmet mit „In The Ditch“, ihrem ersten Studio-Lebenszeichen seit fünf Jahren. Hier kommt ihr Faible für Noise-Wut prima mit der Hibbeligkeit des Originals zusammen.
Mehrere Songs sind in zwei oder sogar drei Versionen vorhanden. Ein enges Rennen besteht um „Natural’s Not In It“. Während Everything Everything die Gitarren auspacken und überraschend nahe am Spirit des Originals bleiben, tänzeln Tom Morello und Serj Tankian wesentlich wilder und punkiger darüber, fast schon funky. Beide Versionen haben ordentlich Charme. Ähnliches gilt für „I Love A Man In A Uniform“. Die in den letzten Jahren überwiegend unsichtbaren The Sounds packen leidenschaftlichen Electro-Punk-Elan aus, während Herbert Grönemeyer (!) die Gitarre auf einen Synthesizer umlegt und gesanglich ein echtes Glanzlicht auspackt. Ebenfalls sehr spannend: „What We All Want“ in einer abgefuckten, jenseitigen Version von The Dandy Warhols sowie der treibende, finstere Redux von „Where The Nightingale Sings“, hinter dem Robert „3D“ Del Naja von Massive Attack steckt.
Auch wenn nicht jede Idee ein Volltreffer ist – gerade die zweite CD hat ein paar Längen zu bieten, gerade die Dub-Bearbeitung der Weggefährten Killing Joke fällt überraschend ab – ist diese Compilation dennoch überaus gut geworden. Das Line-up kann sich sehen lassen, zumal eben nicht einfach nur nach Schema F vorgegangen wird. Zwischen relativ klassischen Post-Punk-Darbietungen und ungewöhnlichen Bearbeitungen ergibt sich eine spannende Mischung, begleitet von durch die Bank spannenden Interpret*innen, die man wohl nicht alle hier erwartet hätte. Letztlich zeigt „The Problem Of Leisure: A Celebration Of Andy Gill & Gang Of Four“ zwei Dinge: wie einflussreich Gang Of Four waren (und sind), und wie sehr Andy Gill vermisst wird.
Wertung: 4/5
Erhältlich ab: 04.06.2021
Erhältlich über: Gill Music / Ingrooves (Rough Trade)
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