James – All The Colours Of You

James
(c) James

Die unkaputtbaren James bestehen bereits seit 1982, eine mehrjährige Pause nach dem zwischenzeitlichen Ausstieg von Sänger Tim Booth ausgeklammert, und sind aktuell in bestechender Form. Sie schwammen einst auf der großen Madchester-Welle mit und sind weiterhin eine Indie-Institution, die zumindest in der britischen Heimat regelmäßig für Top-10-Alben sorgt. Die Aufnahmen zu „All The Colours Of You“ zogen sich ein wenig, zumal der Frontmann seit geraumer Zeit in den USA lebt. Irgendwann fanden sich die sieben Musiker doch zusammen für ein Werk, hinter dessen gewohnt großen Melodien bissige, pointierte Texte stecken.

Vorneweg: Die ersten beiden Tracks fremdeln auch nach mehreren Durchläufen. „ZERO“ klingt wie Madchester in Zeitlupe, versucht gleichzeitig eingängig und experimentell zu klingen. Die Idee ist gut, die Ausführung etwas mittelprächtig. Danach orientiert sich der mit Hass und White Supremacy in den Staaten abrechnende Titelsong an einem stadiontauglichen Klangwall, der Coldplay gut zu Gesicht stünde. Zwar brennt sich die Auflösung in der zweiten Hälfte ein, dennoch bleibt der Exkurs verzichtbar. Das fragile „Recover“ mit seinem synthetischen Beat und einem entfernt an Billy Corgan erinnernden Booth überrascht hingegen im positiven Sinn. Natürlich handelt es sich hierbei um keinen offenkundigen Ohrwurm – die folgen später – aber gerade das macht Laune.

Die großen Melodien finden an anderer Stelle statt. „Getting Myself Into“ ist ebenfalls eigentümlich strukturiert, der Teppich gestaltet sich dafür eingängig. „Beautiful Beaches“ setzt sich mit den verheerenden Waldbränden in Kalifornien aus dem Vorjahr auseinander und zieht die hoffnungsvolle, massentaugliche Auflösung des Titelsongs durch den gesamten Track. Das klangt exzellent und brennt sich ein. Hingegen macht der Rausschmeißer „XYST“ so ziemlich das Gegenteil davon und schafft ein Maximum an Sperrigkeit, gepaart mit einem bizarren Silberstreif am Horizont in Form einer brennenden Gitarre; mehr Konzept als Song und zumindest okay.

Dieses Mal bleiben James eine Spur hinter den Erwartungen zurück. Gefühlt fehlt ein roter Faden, der die Platte zusammenhält, der die nötige Balance zwischen eingängigen, hymnischen Momenten und dem Drang nach experimentellen Exkursen findet. Dennoch verfügt „All The Colours Of You“ über richtig gute Songs, die sich locker mit den unterhaltsamen letzten Platten messen können. Bleibt unterm Strich ein spannendes Spätwerk mit vermeidbaren Längen und dem Gefühl, dass die Briten noch einen richtigen Donnerschlag für den finalen Vorhang in der Hinterhand haben.

Wertung: 3,5/5

Erhältlich ab: 04.06.2021
Erhältlich über: Virgin Music / Caroline (Universal Music)

James @ Home | @ Facebook
„All The Colours Of You“ @ Amazon kaufen