’68 – Give One Take One

'68
(c) Bobby Bates

Josh Scogin und Nikko Yamada hatten plötzlich ganz viel Zeit und investierten diese in frische Songs. Erst im September erschien die EP „Love Ain’t Dead“, produziert von Grammy-Preisträger Nick Raskulinecz (Foo Fighters, Alice In Chains, Rush), nun legt das Duo ’68 auch schon wieder nach. Abermals gemeinsam mit dem Produzenten-Urgestein aufgenommen, holt „Give One Take One“ den Sound der Beiden wieder auf Albumlänge. Für Scogin hat diese neue Platte beinahe etwas Therapeutisches an sich und soll die bloße, unverfälschte Freude an der Musik an sich symbolisieren. Besagte Musik zeigt eine weitere dezente Häutung.

Die bloße Wucht des eröffnenden „The Knife, The Knife, The Knife“ überrascht mit einem Hauch von Doom im Abgang, begleitet von verspieltem Riffing aus der Garage und einem richtig schön grantigen Sänger, der bei aller bleierner Eingängigkeit etwas um sich schlägt. Diese Urgewalt rollt später „The Storm, The Storm, The Storm“ im XXL-Format aus und holt als Rausschmeißer diese Intensität ein weiteres Mal hervor. Hier operieren ’68 über geradezu martialischen Druck, von Noise und Alternative begleitet, möglichst laut und schwerfällig. Dass trotz aller Übersteuerung die dichte Atmosphäre nie zu kurz kommt, spricht für das Duo.

Dazwischen setzt es richtig guten Wahnsinn in gewohnter Manier. „Lovers In Death“ scheint über weite Strecken einer der härtesten Songs der Band zu sein. Das Spiel mit Zäsuren, mit ruppigen Unterbrechungen und Eskalation am Anschlag erinnert an Scogins musikalische Vergangenheit. Selbst für furiose, schäumende Schreie bleibt Platz. Davon ist in „Bad Bite“ herzlich wenig zu hören. Yamadas Drumsalven erreichen eine neue Qualität und zerlegen schon mal rhythmische Erwartungen (die Claps zwischendurch passen prima ins Bild), bevor die Garage von Death From Above 1979 mit Gusto in Brand gesteckt wird. „What You Feed“ rückt später zum Löschen an und bringt anspruchsvolle Patterns mit ein wenig Finster-Gefühl zusammen.

„Give One Take One“ ist so etwas wie die nächste Stufe in der musikalischen Evolution von ’68 und zündet nicht sofort – wie eigentlich bislang so ziemlich jeder Release des Duos. Vielleicht macht aber gerade das den eigenwilligen wie packenden Drive der Band aus, denn hat man sich erst einmal hineingekniet, belohnen ’68 fürstlich mit guten Songs, schwerfälligem Anspruch, geifernder Explosivität und eingängiger Unberechenbarkeit. Somit bleibt bei aller Weiterentwicklung doch der Großteil beim Alten; ein mittlerweile etatmäßiger Widerspruch gefälliger Boshaftigkeit und die erhoffte Quadratur des chaotischen Garagenkreises.

Wertung: 4/5

Erhältlich ab: 26.03.2021
Erhältlich über: Cooking Vinyl (Sony Music)

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