LÜT – Mersmak

LÜT
(c) Hans Marius Mikkelsen & Ørjan Nyborg Myrland

Über LÜT gehen und zehn großartige Songs einziehen, so funktioniert Rock-Monopoly im Jahr 2021. Hinter dem komischen Namen mit Umlaut steckt ein norwegisches Quintett, das in der Heimat bereits für diverse Musik- und Newcomer-Preise nominiert war. Mit dem zweiten Album soll nun auch der Rest Europas erobert werden. „Mersmak“ bringt die verschiedenen Einflüsse der Band – Punk, Garage Rock und sogar ein wenig Post-Hardcore – auf einen gemeinsamen Nenner und stellt zudem einen ungewöhnlichen Sänger vor.

Markus Danjord trägt die Tracks nämlich ausschließlich in kratziger, aggressiver Fistelstimme vor, die wohl am ehesten an Winny Puhh erinnert. Entsprechend gewöhnungsbedürftig fällt die erste Begegnung mit LÜT aus, doch dahinter wartet richtig gute Musik im – nun ja – Akkord. Der eröffnende Titelsong „Mersmak“ rückt den schrägen Eindruck sofort gerade und wartet mit zackigen, treibenden Riffs, Danjords amüsanter Weirdness und einem grandiosen Refrain samt pulsierenden Backings auf. Hinter kommt alles zusammen, was angepunkten skandinavischen Rock großartig macht. Etwas später heißt es sogar vollmundig „We Will Save Scandirock“ mit energischem Drive und herrlicher Wut, die nebst kleinen Dissonanzen den Track richtig schön zerlegt. In aller Kürze reitet leckeres Chaos durch die Lande.

Vorhersehbar ist an dieser Platte rein gar nichts, und das macht sie so großartig. Der lässige Bounce von „VIEPÅ“ trägt in vergleichsweise klassische Rockgefilde, zumindest bis Danjord mit charakteristisch schroffer Energie durchs Gebälk fährt und selbst von den Gang-Backings nicht gebremst werden kann – ein bärenstarker Widerspruch in sich, der aus dem Nichts eine zweite Raketenstufe der Gemächlichkeit zündet. Die Eigentümlichkeit von „Ingenting Å Angre På“ bleibt ebenfalls sofort hängen, wenn sympathische Harmonien auf verkappt punkigen Drive trifft. LÜT überholen sich zwischendurch selbst, beispielsweise im wilden Punker „Strictly Business“, während das abschließende „INDIÄ“ zur bratenden Midtempo-Hymne mutiert.

Kaputt, kaputter, LÜT: „Mersmak“ dürfte eigentlich nicht funktionieren und blüht dennoch auf atemberaubende Weise auf. Jeder einzelne der zehn Tracks schlägt wie eine Granate ein, dazu kommt einer der eigenwilligsten Frontmänner der letzten Jahre, dessen Fistel-Gebell fasziniert. Und nicht nur das: Die Norweger haben richtig, richtig gute Songs am Start. Von Turbonegro über Backyard Babies bis Kvelertak nimmt das Quintett alles und noch viel mehr mit – eine begeisternde Meisterleistung von der ersten bis zur letzten Sekunde und jetzt schon ein heißer Anwärter für die Jahresbestenlisten.

Wertung: 4,5/5

Erhältlich ab: 12.02.2021
Erhältlich über: Crestwood Records / Loud Media (Warner Distribution)

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