Typhoon – Sympathetic Magic

Typhoon
(c) Typhoon

Pandemie und Lockdown lassen viel Freiraum für Kreativität, doch wer kein eigenes Studio besitzt, muss für die dazugehörigen Aufnahmen zusätzliche Hürde überspringen. Bei Typhoon mit bis zu elf Mitgliedern je nach Lust, Laune und Bühne wurde die Angelegenheit ungleich komplexer. Und dann erscheint aus dem Nirgendwo und ohne Ankündigung ein brandneues Album, eine echte Überraschung. Über die letzten Monate geschrieben, teils in Kyle Mortons Keller improvisiert oder als Voice-Memo übermittelt, landet nun das betont politische Collagenwerk „Sympathetic Magic“, dem man seine fragmentierte Entstehung zu keiner Zeit anhört. Und das, obwohl einige Demo-Schnippsel eingebunden worden sein sollen.

Ende Oktober gab es das bis dato letzte Lebenszeichen der Band. „Welcome To The Endgame“, das Finale dieser Platte, war kurz vor den Wahlen als Liebesbrief an das geteilte Amerika gedacht. Aufwühlende Reduktion mit durchaus synthetischem Unterbau rückt Mortons ähnlich brüchige Stimme in den Mittelpunkt, die gefühlvolle Zerrüttung ist in jeder Sekunde präsent. In „Empire Builder“ beschreibt er seine paranoid gewordene Heimat und beleuchtet ein zerrissenes Land. Weiche Gitarren, nachdenkliche Bläser und ein gewaltiges, lautes Crescendo schrauben den Song in ungeahnte Höhen, erzeugen binnen Sekunden Gänsehaut in Reinkultur. Nicht nur gesanglich waren Typhoon den Bright Eyes selten so nahe.

Der lyrische rote Faden mag vorhanden sein, rundherum probiert sich die Band allerdings mit wachsender Begeisterung aus. „Time, Time“ schunkelt lange Zeit als gemächliche und dennoch forsche Folk-Ideen umher, bevor abermals die Bläser übernehmen. „Sine Qua Nonentity“ bemüht sich ebenfalls zunächst um blubbernde Reduktion, schwillt immer weiter an und explodiert urplötzlich im Kleinen. Im Gegensatz dazu bleibt „And So What If You Were Right“ ruhig und fragil, ein famoser, balladesker Einschub, dem das aufbrausende und zugleich schwerfällige „Masochist Ball“ – ein weiterer Bright Eyes-Moment – auf magische, packende Weise gegenübersteht.

Drei Jahre nach „Offerings“ tauchen Typhoon aus dem Nirgendwo auf. Auf das überlange, komplexe Konzeptwerk folgt eine Sammlung von Ideen und Impressionen, eine Art Indie-Collage mit präzise eingesetzten Sollbruchstellen, betonter Unvollständigkeit und drastischen Worten zum Status Quo. Das Überraschungsalbum ist – wenig überraschend – richtig gut und fängt trotz aller Widrigkeiten die schrullig-charmante Eigentümlichkeit des Kollektivs auf gelungene Weise ein. Die Magie, um sich beim Albumtitel zu bedienen, ist nach wie vor vorhanden.

Wertung: 4/5

Erhältlich ab: 22.01.2021
Erhältlich über: Roll Call Records (The Orchard)

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