Sperling – Zweifel

Sperling
(c) Simon von der Gathen

Die Band gibt es bereits seit einigen Jahren, der neue und aktuelle Name folgte allerdings erst im Mai: Sperling aus dem Hunsrück signalisierten mit der Umbenennung einen Neustart auf allen Ebenen, und der schlägt sich vor allem musikalisch nieder: Rock, Post-Hardcore und Rap gehen eine emotionale, spannungsgeladene Symbiose ein, die seit der ersten Single Vergleiche mit Casper und Fjørt aufs Tableau brachte. Warum das wie Arsch auf Eimer passt, und warum das Quintett trotzdem sein eigenes Ding durchzieht, zeigt das Debütalbum „Zweifel“ sehr eindrucksvoll.

Auf den ersten Blick scheint diese Kombination eigenwillig zu sein, ergibt aber bei genauerem Hinhören sehr viel Sinn. Man nehme nur das aufwühlende „Laut“. Jojos Verse sind eindringlich, gehen dank rauer Stimmfarbe unter die Haut. Der Alternative-Stop-and-Go-Charme baut wackelige emotionale Konstrukte, auf denen schließlich ein Cello landet. Das Streichinstrument zählt zu den wichtigsten Zutaten des Sperling-Sounds und unterstreicht den lautmalerischen, emotional aufgeladenen Charakter dieses Tracks gelungen. „Bleib“ zeigt hingegen, wie das Quintett seine Songs gekonnt zu großen Höhepunkten aufbaut, damit sich die Arrangements ordentlich entladen können. Wie auf die Refrains hingearbeitet wird, bevor diese schließlich mit aufgewühlten Kaskaden überfluten, ist großes Kino.

Ein weiteres starkes Stück ist „Baumhaus“, dessen Crossover-Charme zeitweise angenehm bissig anmutet, allerdings rein gar nichts mit etatmäßigem Rap-Metal zu tun hat. Stattdessen schwingt schmerzhafte Beklemmung in jeder einzelnen Silbe mit, das Cello bäumt sich im Hintergrund auf. Und dann komplett die gewaltige Post-Hardcore-Explosion, die in ihrer ruppigen und doch bezaubernden Intensität sogar an die japanischen Großmeister Envy erinnert. Das vergleichsweise frontale, durchgehend recht ruppige „Tanz“ macht die dynamische Heavyness zum zentralen Ankerpunkt und damit alles richtig, so wie das vergleichsweise reduzierte, wortlastige und eingängige „Toter Winkel“.

Langsam, aber sicher fügen sich die zunächst eigenwilligen Zutaten zusammen zu einem gewaltigen Mix, gleichzeitig ruppig und brachial, aber stets einfühlsam, wortgewaltig und überaus intelligent. „Zweifel“ ist zudem eine starke Überschrift für ein Album, das sich offensiv mit Ängsten und Sorgen auseinandersetzt, dabei dennoch einen gewissen Silberstreif der Hoffnung am Horizont andeutet. In einer Dreiviertelstunde etablieren sich Sperling und legen einen in jeder Hinsicht packenden, aufwühlenden Einstand hin. Die Debüt-Messlatte liegt in diesem Jahr schon jetzt hoch.

Wertung: 4/5

Erhältlich ab: 22.01.2021
Erhältlich über: Uncle M Music

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