My Little White Rabbit – Lowest Heights
Anstatt sich vom Lockdown irre machen zu lassen, schrieben My Little White Rabbit ihr zweites Album. Das Hamburger Quintett um Sängerin Rike Pfeiffer ist nie um eine spitze Pointe verlegen und verpackt Feminismus, Kapitalismuskritik und Surrealismus in poppige Garage-Tracks mit gelegentlichen Psychedelic-Ausflügen. Bauchgefühl trifft Message mit einer gewissen Vintage-Note, ist zugleich stets fest im Hier und Jetzt verankert. Was sich unnötig kompliziert liest, lässt sich einfach zusammenfassen: „Lowest Heights“ tritt ordentlich Hinterschinken.
Das eröffnende „Bat In My Livingroom“ nimmt keine Gefangenen und bringt den sympathischen Wahnsinn der Nordlichter auf den ausladenden Punkt. Furztrockene und dennoch mitreißende Riffs treffen auf Pfeiffers mal unschuldigen, dann wieder angenehm eindringlichen Gesang. Die Stimme wird zum Instrument, die wirre Psychedelic-Note im Hintergrund holt sofort ab und führt später in ein ausgedehntes Break, das entfernt an Kula Shaker erinnert. „Hello Mister“ konzentriert sich auf eine deutliche feministische Botschaft, gekleidet in durchaus poppigen Charme. My Little White Rabbit schaffen zusätzliches Verständnis durch Eingängigkeit und packen die etatmäßigen Ecken und Kanten in die Lyrics – eine gelungene Umkehr der Erwartungen und zugleich ein kleiner Hit mit Widerhäkchen und unterschwelliger Finsternis.
Zwischendurch rockt das Quintett durchaus fieberhaft. „Money Maker“ bietet über weite Strecken klassischen, kompakten Rock aus der Garage mit hibbeliger Grundstimmung, ein wenig Hektik und ausgelassenem Rock’n’Roll-Momentum im Refrain. Das psychedelisch angehauchte Mini-Break kommt gut. Hingegen krempelt „The M-Word“ alles um und bringt sogar ein wenig Synthi-Action ein. Das getragene Tempo, die erhabene Präsentation – eine clevere Variation, wie auch das instrumentale, vielschichtige Finale „Slow Down, Mister“.
Ausgelassene Spielfreude mit ernster, geschickt verpackter Message: My Little White Rabbit verstehen den Spagat zwischen Verpackung und Inhalt hervorragend, vergessen aber keinesfalls, ordentlich Spaß zu haben. Entsprechend geht „Lowest Heights“ mal an die Substanz, nur um im nächsten Moment zum Mitwippen und Haupthaar schütteln einzuladen. Sympathische Songs mit Hang zum Ausschweifen zeigen großen Unterhaltungswert und noch mehr Suchtfaktor – unterm Strich ein exzellenter Zweitling mit so mancher Überraschung.
Wertung: 4/5
Erhältlich ab: 22.01.2021
Erhältlich über: popup-records (Soulfood Music)
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