Brendan Lewes – Nine Songs Sung From The End

Brendan Lewes
(c) Kaiko Photo (Kai Kokot)

Vor fünf Jahren zog der britische Singer/Songwriter Brendan Lewes nach Kiel. Die Gitarre war natürlich im Gepäck. Seither spielte er über 300 Konzerte in allen Ecken Deutschlands und zeigte sich während Lockdown und Social Distancing kreativ – Auftritte vor geparkten Autos, hinter Plexiglasscheiben und in Gärten begleiteten ihn durch Frühjahr und Sommer. Ganz nebenbei spielte er noch ein durch Crowdfunding finanziertes Album ein, begleitet von befreundeten Musikern aus Kiel, den Gambling Ambers. „Nine Songs Sung For The End“ steht als Titel symbolisch für die düstere Gegenwart.

Das eröffnende „Generation Remain“ zählt in vielerlei Hinsicht zu den besten Tracks dieser Platte. Neben einem gewissen Dylan-Einschlag, ein erklärtes Vorbild des Briten, drängen sich gewisse Vergleiche mit Frank Turner auf. Lewes‘ scharfe Beobachtungsgabe, gepaart mit drastischen Bildern und einem durchaus lässigen Bop drumherum, kleidet Unbequemes in bekömmliche Portionen, ohne dabei den Ernst der Lage zu verkennen. Eine gewisse Lockerheit offenbart „Time Stands Still“, dessen charmante Fluffigkeit und butterweiche Backing-Vocals durchaus in gemütliche Easy-Listening-Gefilde tragen – ein Stück Idylle im Zusteuern auf den politischen, sozialen und ökologischen Abgrund, der den lyrischen Rahmen dieses Albums bildet.

Was darf am Ende der Tage nicht fehlen? Natürlich „One Last Cheesy Love Song“, bereits im Titel augenzwinkernd illustriert und mit einem gewissen Schalk im Nacken vorgetragen. Die folkige Gemächlichkeit brennt sich ein. Davon ist in „Dot Com Boom“ herzlich wenig zu spüren, wiewohl die instrumentale Basis eine ähnliche ist. Lewes erhebt seine Stimme und spricht starke Worte alles andere als gelassen aus. „What Is Left Is To Burn“, stellt er an anderer Stelle fest, und steuert dem scheinbar unausweichlichen Absturz mit großer Coolness entgegen. Hingegen bemüht sich „Northward Bound“ um volle Band-Instrumentierung, um Rock-Kante und sogar einen ganz feinen Hauch Americana-Charme unweit der Ostsee.

Toller Typ, tolles Album: Die neun Songs aus drohender Endzeit-Perspektive wirken überraschend schmissig und sparen dennoch nicht mit klaren, drastischen Worten. Brendan Lewes ist die Erfahrung hunderter Konzerte und tausender Reisekilometer – einige davon sogar auf dem eigenen Fahrrad – anzuhören. „Nine Songs Sung From The End“ legt den Finger in die Wunde und nimmt zugleich fest in den Arm, nur um im nächsten Moment ein gemeinsames Lied anzustimmen. Es kann manchmal so einfach sein, richtig gute und intelligente Musik zu schreiben. Den Namen Brendan Lewes muss man sich spätestens jetzt merken.

Wertung: 4/5

Erhältlich ab: 27.11.2020
Erhältlich über: Timezone Records (Timezone)

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