Louis Jucker – Something Went Wrong
Produktivität scheint Louis Juckers zweiter Vorname zu sein. Wenn er nicht gerade mit Coilguns alles zerlegt, was ihm in die Hard- und Mathcore-Hände kommt, bewegt er sich durch sein sympathisches Soloschaffen zwischen Folk, Lo-Fi und Rock. Erst im April erschien eine neue, auf Tour perfektionierte Version von „Kråkeslottet“ mit seinen Bandkollegen, nun arbeitet sich der Schweizer wieder alleine voran. Das Selbstporträt „Something Went Wrong“ handelt vom Älterwerden.
„31 Years Of Waiting For This“ – der Opener setzt sich ironisch und pointiert mit dem Status Quo auseinander. Ist alles gut, furchtbar oder irgendwo dazwischen? Die süßlichen Klänge der Lo-Fi-Folk-Nummer, gerade in Verbindung mit den hohen Stimmregistern, vermeiden jegliche Rückschlüsse konsequent. Später setzt eine E-Gitarre ein und treibt den Track durch 90s-Indie-Gefilde mit echtem Gusto. Das folgende „Our Easter Wedding“ bricht Juckers Output hingegen auf puren Minimalismus herunter – Gesang und Gitarre und wenig dazwischen. Diese Singer/Songwriter-Intimität geht ans Herz.
Natürlich geht es nicht linear voran, ein paar ungewöhnlichere Exzerpte haben es ebenso auf die Tracklist geschafft. So mäandert „Losing Hair“ die erste Hälfte in atmosphärischen Klängen mit Ambient-Note, bis Jucker schließlich die Gitarre auspackt und seine forschen Verse vorträgt. Ähnlich sperrig und doch packend gibt sich „I Hate To Hurt The Hearts I Eat“, das seine Eigentümlichkeit bereits im Titel trägt. Effekte und Samples treffen auf Reduktion und lassen kalte Schauer über den Rücken laufen. „Shy Of Fire“ deutet diese in wohlige Klänge um und packt ein wenig Gefühl aufs Tableau, das von den Radiohead-artigen Klängen des großartigen, unorthodoxen „The Heat / Hello Weirdo“ sofort und konsequent umgedeutet wird.
Jucker lässt sich auch auf seinem neuesten Soloexkurs nicht festnageln und spielt fleißig mit Genres sowie Songstrukturen. Schnell greifen die Zahnrädchen ineinander, brennen sich zunächst krude anwirkende Ideen ein, sorgen sympathische Songs für erhabene wie auch erhebende Momente. „Something Went Wrong“ trifft als Titel zumindest nicht auf dieses richtig gute Album zu, mit dem sich der Schweizer endgültig einen Namen als eigenständiger Künstler par excellence gemacht haben sollte. Dass sein bisheriges Soloschaffen parallel komplett neu (und physisch) aufgelegt wird, ist ein mehr als willkommenes Begleitphänomen.
Wertung: 4/5
Erhältlich ab: 30.10.2020
Erhältlich über: Hummus Records (Membran)