Forkupines – Islands

Forkupines
(c) Andreas Rodemann

Klingt wie ein Kleintier mit Gabeln am Rücken, macht aber prima Musik: Forkupines könnten findigen Alternative-Rock-Hörern bereits ein Begriff sein. Das Trio aus Braunschweig veröffentlichte bereits ein starkes Album und diverse Kleinformate, zudem mehrere Songs zwischendurch. Einige davon ergeben nun eine neue Platte – ein Albumzyklus von beinahe einem Jahr ist das Ergebnis. „Islands“ ist aber beileibe keine Compilation, sondern ein in sich geschlossenes Werk über Depressionen, Einsamkeit und Zukunftsangst. In anderen Worten: der perfekte Soundtrack für das Hier und Jetzt, obwohl das Gros des Materials vorher geschrieben wurde. Alle Klarheiten beseitigt?

Während man noch fachpersönlich simpelt, konnten Forkupines längst voranpreschen. Und wie! Das eröffnende „Waves“ reißt in gleich mehreren Wellen mit (manche Wortspiele lassen sich einfach nicht vermeiden) und tritt großartige Alternative-Rock-Kaskaden los. Natürlich ist jede Sekunde emotional aufgeladen, aber eben auch kraftvoll und treibend mit gekonnten Zäsuren dazwischen. „Envy“ erhöht die Schlagzahl noch ein wenig und erinnert zeitweise an punkige Boysetsfire oder die nachdenklichen Labelmates For Them All. Die Schere zwischen melancholischen Strophen und wuchtigem Refrain könnte kaum weiter sein, und doch – oder vielleicht gerade deswegen – klappt der Spagat hervorragend.

Überhaupt ist „Islands“ ein Album, in das man sich prima fallenlassen kann. Ein „Stronger“ legt sich stellenweise wie eine warme Umarmung um die Seele, schreckt ebenso wenig vor der einen oder anderen Spitze zurück. In „Lie To My Face“ gehen Forkupines prima nach vorne mit einem der härtesten Exkurse dieser Platte. Die Art und Weise, wie die Heavyness eskaliert und Deftones-Elan mitnimmt, ohne entsprechend auszurasten, kommt gut. Stark ist auch der Rausschmeißer „Roads“, einer der ältesten Songs auf „Islands“. Geballte Kraft und ein Hauch von Fernweh legen große Melodieteppiche frei. Davon hat auch „Angels Knoll“ reichlich. Der mehrstimmige Gesang nimmt durchaus poppige Züge an, der Track operiert fast dauerhaft am Anschlag – ein packendes Happening.

Kann man bei Forkupines von eigentümlicher Eingängigkeit sprechen? Tatsächlich sollte die Mischung aus dicken Refrains, oftmals zarten bis melancholischen Strophen und recht ernsten Texten nicht so unmittelbar ins Ohr gehen, aber irgendetwas an diesen Tracks klappt besonders gut. Was nach einem beschreibenden Cop-Out klingt, ist letztlich Fakt: Die drei Braunschweiger haben das gewisse Etwas, das sich nicht so einfach in angemessene Worte kleiden lässt, und genau deshalb blüht „Islands“ auf. Richtig gute Alternative-Rock-Songs mit emotionaler bis wuchtiger Schlagseite, cleveren Lyrics und purer Leidenschaft explodieren immer wieder aufs Neue. Wie das funktioniert – kein Plan. Grenzgenial ist dieser Zweitling ohnehin.

Wertung: 4/5

Erhältlich ab: 23.10.2020
Erhältlich über: Midsummer Records (Cargo Records)

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