Kaskadeur – Uncanny Valley
Nach mehreren spannenden Alben und Touren waren Stonehenge ihrem Korsett entwachsen. Bei den Aufnahmen zur neuesten Platte merkten die Druiden aus Potsdam, dass die Songs den musikalischen Rahmen zwischen Retro und Stoner endgültig gesprengt hatten. Deswegen nun also ein neuer Name – Kaskadeur – und ein zweites Debütalbum, wenn man so will. „Uncanny Valley“ ist alles und nichts, ein wildes Festival der Gitarrenmusik mit Elementen aus Prog, Psychedelic, Stoner, Heavy, Post, Math und sogar ein wenig Pop-Appeal. Was sich auf den ersten Blick konfus und überladen liest, ist in Wirklichkeit alles andere als das.
Der Titelsong umreißt diesen neuen Ansatz in aller Kürze: lauter, wilder und mitreißender denn je. Eine gewisse Sexyness umweht diese gut 200 Sekunden, von fieberhaften Vocals und wilder Instrumentierung zwischen Hook, Pop-Line und schrillem Prog-Sinker. Wenige Türen weiter verstellt „Flashback Fatkids“ die Schrauben und nimmt sich Zeit für das erste von vielen kleinen Breaks. In kompletter Reduktion ergibt sich spacig-psychedlischer Prog im Mittelteil, gefühlvoll und ausladend, nur um kurz darauf komplett am Rad zu drehen und das wilde Anfangsmotiv für einen weiteren Höllenritt aufzugreifen.
Zahlreiche Interludes führen durch diese Platte, verbinden die wilden Monolithen und im besten Sinne abgedrehten Ideen auf clevere Weise miteinander. Zu diesen abgedrehten Ideen zählt „The Death Of Basic Trust“ – einer jener ellenlangen Tracks, für den Kaskadeur alles abrufen, was ihren Sound ausmacht. Wohlige Ruhe, urplötzliche Eruptionen ganz viel Charme und sogar ein wenig The Mars Volta in der zweiten Hälfte sorgen für so manche Überraschung. Mit solchen kann auch „Spacegear Awayteam“ aufwarten. Hier liefern Kaskadeur ein Meisterstück in Sachen Dynamik ab – lebhaft, schon mal schwer atmend, im richtigen Moment vogelwild und abgefuckt. Gerade die weit offenen Prog-Psych-Flächen machen diesen Song zum Schmankerl.
Der Namenwechsel sollte nicht verwundern, denn „Uncanny Valley“ sprengt den bisherigen Stonehenge-Sound gewaltig. Vergleiche mit so unterschiedlichen Acts wie Monster Magnet, Hot Pants Road Club, Mother’s Cake und Dirty Sound Magnet drängen sich unter anderem auf, und damit kratzt man bestenfalls an der Oberfläche. Kaskadeur nehmen alles und nichts mit, ohne dabei zu überfordern. Dezentes Pop-Appeal, wilde Psych-Akrobatik, viel Gefühl und nach wie vor bratende Riffs tischen einen bekömmlichen zweiten Einstand auf. Willkommen in der leckeren Zukunft!
Wertung: 4/5
Erhältlich ab: 25.09.2020
Erhältlich über: Noisolution (Soulfood Music)
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