Jens Kuross – The Man Nobody Can Touch

Jens Kuross
(c) David Drake

Für einen ausgebildeten Jazz-Schlagzeuger mit Abschuss am Berklee College of Music gibt es nichts Logischeres als… mit diversen Electro-Künstlern auf Tour zu gehen? In den vergangenen Jahren begleitete Jens Kuross unter anderem RY X, Howling und The Acid. Zwischendurch verbesserte er seine Keyboard-Skills und beschloss schließlich eigene Musik zu schreiben, anstatt dauernd jene von anderen Musikern zu lernen. Nach mehreren Kleinformaten landet nun das Debütalbum „The Man Nobody Can Touch“.

Offenkundig nahm Kuross einiges von seinen langjährigen Tour-Gigs mit, denn ein gewisses Faible für elektronische Musik lässt sich über weite Strecken dieser Platte nicht verleugnen. Besonders gut gelingt dies in „Painkiller“. Der verschachtelte Beat erinnert in Verbindung mit den lakonischen Vocals ein wenig an James Blake, die Atmosphäre wirkt jedoch wärmer, klassischer. Gewisse Jazz-Einflüsse lassen sich nicht von der Hand weisen, die emotionale Komponente stimmt ebenso – ein im wahrsten Sinne des Wortes bewegendes Erlebnis und zugleich bester Track des Debüts. Direkt im Anschluss greift „Golden Septembers“ die lässige Rhythmik ebenfalls auf, bloß insgesamt etwas organischer umgesetzt. Dezente Düsternis und ominöse Grundstimmung erzeugen wohlige Schauer.

Kuross lässt sich nicht auf eine bestimmte Singer/Songwriter-Richtung festlegen – Jazz, Indie, Alternative, Pop und Electro kollidieren immer wieder aufs Neue. Das zeigt sich auch im stetig wachsenden „The Foxhole“, dessen unruhiger Herzschlag immer schneller zu werden scheint. „Done With Dancing“ zählt zu den emotionalsten Exkursen dieser Platte. Hier kann der in Los Angeles ansässige Musiker seine Keyboard-Skills zur Schau stellen. Klar, das mag schon mal ein wenig schmalzig anmutend, ist aber mindestens so gut wie das virtuose, jazzige „Someone Great“ – bloß auf komplett andere Weise.

Und so offenbart jedes dieser zehn Kapitel für sich einen gewissen Reiz, verschiedenste Klanglandschaften abgrasend und doch in seiner Gesamtheit unwahrscheinlich sympathisch, durchaus homogen. Bewusst setzt Jens Kuross seine Jazz-Skills ein, nimmt ein wenig Electro von seinen langjährigen Tour-Aktivitäten mit und findet zugleich einen angenehm erfrischenden, unpeinlichen Zugang zu Romantik und Beinah-Kitsch. „The Man Nobody Can Touch“ kann vieles bedeuten, von den technischen Fähigkeiten bis zum Innenleben. Auf Platte bedeutet dies jedenfalls große Gefühle und packendes Songwriting galore.

Wertung: 4/5

Erhältlich ab: 25.09.2020
Erhältlich über: Dirty Guns / Ingrooves

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