Jamie Lenman – King Of Clubs
Hat da jemand ‚Trilogie‘ gesagt? Eine solche beschließt Jamie Lenman aktuell, obwohl entsprechende Pläne erst jetzt bekannt werden. Das Überalbum „Devolver“ und die experimentelle Cover-Platte „Shuffle“ erschienen nämlich ohne einen solchen Überbau. Nun liefert Lenman also das, wie er es nennt, Abschiedskapitel einer besonders kreativen und unterhaltsamen Zusammenarbeit mit Space, der unter anderem bereits für Idles und Black Futures produzierte. Das wütende und politische „King Of Clubs“ präsentiert sich bewusst als Minialbum, da der Musiker kein komplettes Album in diesem verstärkt an sein altes Betätigungsfeld Reuben erinnernden Stil hätte durchdrücken können.
So sind es letztlich „nur“ sieben Songs und etwas über 23 Minuten geworden, doch die haben es dafür in sich. So dürfte man das eröffnende „Summer Of Discontent (The Future Is Dead)“ bereits seit geraumer Zeit kennen. Lenman malträtiert seine Stimmbänder und knüpft an alte Post-Hardcore-Zeiten an, von einigen Scratches, dezentem Alternative-Metal-Feeling und aggressiven Raps von Illaman begleitet – ein kurioses wie kurzweiliges Stück Musik. Das gilt auch für „Sleep Mission“, zwar insgesamt einen Tacken geradliniger ausgerichtet, in seiner schroffen Midtempo-Wucht dennoch gekonnt überfordernd. Das über weite Strecken harmoniebedürftige, an das „Devolver“-Material erinnernde „Like Me Better“ mag es hingegen angenehm melodisch.
Mit der angedeuteten Idylle ist es schnell vorbei, denn für „I Don’t Wanna Be Your Friend“ gibt Lenman wieder den Aggro-Brüllwürfel. Wer betrunken ein Arsch ist und online trollt, kann nüchten bzw. im echten Leben auch kein guter Mensch sein – fieberhaftes Sperrfeuer begleitet diese pointierte Feststellung. „The Road To Right“ findet schließlich die Brücke zwischen ruppigen und melodischen Klängen – bedrohlich und zugleich eingängig, ein echter Leckerbissen. Nun wechselt „Kill Me“ zwischen ominösem Flüstergesang und wütenden Screams – ein im besten Sinne schizophrenes und mitreißendes Stück. Der ellenlange Titelsong zum Schluss macht den fast komplett instrumentalen Deckel in gemächlicheren Gefilden drauf, zumindest bis das noisige Finale etwaige Pläne durchkreuzt.
Unabhängig davon, ob man mit derlei Intensität gerechnet hat, sollte „King Of Clubs“ eigentlich nicht überraschen. Schließlich greift Lenman auf seine Bandzeit sowie Teile seiner Soloanfänge mit Gusto zurück, gibt sich als Axt im Wald und macht alles platt, was sich dummerweise in den Weg stellt. Es ist eben wieder eine andere und dennoch vertraute Seite, die sofort zupackt und nicht mehr loslässt. Und wer doch lieber den ruhigeren Jamie Lenman erleben möchte, holt sich eine der physischen Auflagen mit beigepackten Akustik-Versionen der neuen Hackbretter.
Wertung: 4/5
Erhältlich ab: 25.09.2020
Erhältlich über: Big Scary Monsters (Membran)
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