Eivør – Segl

Eivør
(c) Sigga Ella

Zumindest auf Albumebene machte sich Eivør Pálsdóttir in den vergangenen Jahren rar. Die färingische Sängerin, die vor mittlerweile 20 Jahren – damals noch ein Teenager – ihre erste Platte veröffentlichte, war zuletzt vornehmlich mit Orchester- und Soundtrackarbeiten beschäftigt, nahm zwischendurch eine englische Version ihres aktuellsten Werks „Slør“ auf, im Original auch schon wieder knapp fünf Jahre her. „Segl“, zu Deutsch „Siegel“, ist mehr als nur ein kräftiges Lebenszeichen.

Sprachliche Abgrenzungen gibt es dieses Mal nicht, denn die zwölf neuen Tracks sind teils auf Englisch, teils in Landessprache gehalten. Ein frühes, unter Umständen bereits bekanntes Highlight wäre „Sleep On It“, dessen lockeres und doch wuchtiges Beat-Konstrukt in erfrischendem Kontrast zu Eivørs weicher Stimme steht. Der Refrain nimmt sich im richtigen Moment zurück, breitet großflächige Synth-Teppiche aus und bewirft technoide Ansätze mit Samthandschuhen. Ähnliches scheint „Skyscrapers“ zu versuchen, wenngleich das Piano sukzessive in den Vordergrund geschoben wird. Ein Hauch wohliger Düsternis breitet sich im Chorus aus und punktet mit dezenten TripHop-Vibes.

„Gullspunnin“ beschließt das Album, spielt allerdings weit vorne mit. Die Sängerin von den Färöer Inseln hangelt sich über folkige Vibes traditionell in diesen Track – ein kleiner Querverweis auf ihre Anfänge – bevor sich ein wundersames, leicht mystisches Electro-Pop-Arrangement ausbreitet. Gespenstische Untertöne begleiten dieses packende, konstant anschwellende Stück Musik. Die dramatische Piano-Ballade „Patience“ (dezentes Nachwummern inklusive) bewegt emotional, „Nothing To Fear“ hingegen physisch. Zu diesen knapp 200 Sekunden bewegt man sich förmlich von selbst, der Hauptteil brennt sich zudem sofort ein.

„Segl“ nimmt sich ein wenig Zeit, um aufzublühen, dann aber so richtig. Der Sprachenmix rückt schnell in den Hintergrund zugunsten richtig guter Pop-Songs, deren Eigenständigkeit sich nicht von der Hand weisen lässt. Eivør widmet sich ihren Wurzeln mit nordischer Mystik und folkloristischer Note, bloß auf elektronisch-poppige Weise aufbereitet. Das mag für sie kein neues Rezept sein, funktioniert aber nach wie vor exzellent – ein weiteres starkes Album mit einnehmender Präsenz.

Wertung: 4/5

Erhältlich ab: 18.09.2020
Erhältlich über: Eigenvertrieb

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